Ax Projects GmbH

Abschleppdienstleistungen: Wir führen komplexe Vergabeverfahren anforderungsgerecht durch.

 

Wie man es besser nicht machen sollte:  

1. Die Ausschreibung eines Rahmenvertrags, durch den sich ein privater Dienstleister gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, eine Vermittlungszentrale für hoheitlich veranlasste Abschleppdienstleistungen zu betreiben, verstößt gegen § 97 Abs. 1 GWB, wenn der private Dienstleister ein Vermittlungsregister für Abschleppunternehmen führen soll und wenn er insoweit Auswahlentscheidungen treffen muss (und darf), die ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber obliegen. Dies gilt auch dann, wenn die Vermittlungszentrale bei der Beauftragung der registrierten Abschleppunternehmen strikt nach einem von vornherein festgelegten Reihum-Verfahren vorgehen muss.

2. Wenn der Ausschreibung ein fehlerhaftes Verständnis von der Zulässigkeit der Delegation von Vergabeentscheidungen zugrunde liegt und deshalb bei Fortbestand der Beschaffungsabsicht eine Neuorientierung der Aufgabenstellung der Vermittlungszentrale notwendig wird, dann ist die Aufhebung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht zu beanstanden.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 17.02.2022 – 11 Verg 8/21

Gründe

I.

Der Antragsteller betreibt ein Abschleppunternehmen in Stadt1. Er wehrt sich gegen die von der Antragsgegnerin, der Stadt1, am 10.2.2020 bekannt gemachte Ausschreibung eines Dienstleistungsauftrags zur Vermittlung von Abschleppaufträgen einschließlich der sicheren Verwahrung und Herausgabe der Fahrzeuge (…).

Die Ausschreibung hat folgende Vorgeschichte:

In der Vergangenheit hat die Antragsgegnerin die hoheitlich im Stadtgebiet angeordneten Abschleppleistungen nach sechs Gebietslosen und einem Los für Sonderveranstaltungen ausgeschrieben und mit den ausgewählten Abschleppunternehmen bzw. Bietergemeinschaften Rahmenverträge abgeschlossen. Die letzte nach diesem Konzept durchgeführte Ausschreibung aus dem Jahr 2018 ist allerdings im April 2019 aufgehoben worden. Da die Altverträge zwischenzeitlich ausgelaufen waren, richtete die Antragsgegnerin eine interne Stelle ein, die die einzelnen Abschleppaufträge seitdem im sog. „Reihum-Verfahren“ zu einem festen Preis an die dort zugelassenen Abschleppunternehmen vermittelte; auch der Antragsteller hat sich als Auftragnehmer an diesem System beteiligt.

Da die Antragsgegnerin nach ihrem Vortrag nicht über die erforderlichen personellen und technischen Kapazitäten verfügt, um dieses System dauerhaft durchzuführen, entschied sie sich, eine externe Vermittlungszentrale damit zu beauftragen. Ferner gab sie bei der Unternehmensberatung A ein Gutachten „Prüfung der Abschleppgebühren der Stadt1 für zugelassene Fahrzeuge bis 3.5 to“ in Auftrag, mit dem eine Kostenkalkulation zur Ermittlung eines marktüblichen und auskömmlichen Preises für Abschleppleistungen durchgeführt worden ist (Bl. 33 – 67 der Vergabeakte, im Folgenden VA). Die auf diese Weise für drei Zeitzonen ermittelten Preise sollen künftig vermittelten Abschleppaufträgen als Festpreise zugrunde gelegt werden.

Wesentlicher Gegenstand der jetzigen Ausschreibung ist daher der Abschluss eines Rahmenvertrags, durch den sich der erfolgreiche Bieter verpflichtet, über die Vertragslaufzeit von 3 Jahren (mit Verlängerungsoption für weitere 2 Jahre) eine Vermittlungszentrale zu betreiben. Über diese Zentrale sollen Abschleppaufträge im Stadtgebiet Stadt1, die von den Mitarbeitern der Verkehrsbehörde an die Zentrale gemeldet werden, im sog. „Reihumverfahren“ an diejenigen Abschleppunternehmen vermittelt werden, die in dem von dem Auftragnehmer geführten Vermittlungsregister registriert sind.

Die Vermittlungszentrale soll die Registrierung der Abschleppunternehmen nach den Vorgaben der Leistungsbeschreibung durchführen. In Bezug auf die Aufnahme der Abschleppunternehmen in das Vermittlungsregister hat die Vergabekammer auf Seite 3 des angefochtenen Beschlusses folgende Feststellungen getroffen:

„Die für die Aufnahme ins Vermittlungsregister erforderlichen Mindestanforderungen sind in Ziffer C. I der Leistungsbeschreibung geregelt. Abschleppunternehmen, die diese Anforderungen nicht erfüllen, dürfen von der Vermittlungszentrale nicht in das Vermittlungsregister aufgenommen werden (Ziff. B. II 1. b). der Leistungsbeschreibung).

Diese Mindestanforderungen sehen unter anderem vor, dass die Abschleppunternehmen gegenüber der Vermittlungszentrale ihre persönliche Zuverlässigkeit nachweisen. Hierzu hat das beantragende Abschleppunternehmen ein polizeiliches Führungszeugnis für dessen Inhaber und die gesetzlichen Vertreter vorzulegen (C. I. 1. a) der Leistungsbeschreibung). Regelungen darüber, wie die Vermittlungszentrale mit Eintragungen im Führungszeugnis umzugehen hat und welche Auswirkungen diese auf die persönliche Zuverlässigkeit haben, werden nicht aufgestellt.

Die Abschleppunternehmen müssen darüber hinaus zum Nachweis der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Betriebsfinanzamtes, sowie bestimmte Versicherungen, Erlaubnisse und Genehmigungen vorlegen, die für die Ausführung der Abschleppleistungen erforderlich sind (C.1.1. c), d), e), 2. der Leistungsbeschreibung). Die von den Abschleppunternehmen nachzuweisenden Versicherungen werden in der Leistungsbeschreibung aufgezählt (C. (.2)). Aussagen dazu, welche [sonstigen] Genehmigungen und Erlaubnisse [gem. C I.1. e) erforderlich und daher …] vorzulegen sind, trifft die Leistungsbeschreibung nicht.

Das Abschleppunternehmen hat daneben bei der Erfüllung seiner Leistungen nur zuverlässiges und sachkundiges Personal einzusetzen. Zum Nachweis der persönlichen Zuverlässigkeit müssen diese ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen (C. I. 3. b) der Leistungsbeschreibung). Das Personal muss mit den maßgebenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen vertraut sein (C. I. 3. d) der Leistungsbeschreibung) und über ausreichende Ortskenntnisse von Stadt1 (C. I.1. e) der Leistungsbeschreibung) sowie grundlegende Deutschkenntnisse verfügen (C. 1.1. f) der Leistungsbeschreibung). Zu der Frage, wie mit ggf. vorliegenden Eintragungen in den polizeilichen Führungszeugnissen der Mitarbeiter der Abschleppunternehmen umzugehen ist, macht die Leistungsbeschreibung keine Angaben. Ebenso wenig wird definiert, wann eine Vertrautheit mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen vorliegt, sowie was unter dem Merkmal der ausreichenden Ortskenntnisse oder grundlegenden Deutschkenntnisse zu verstehen ist.“ (Anm.: die in [ ] gesetzten Texteinschübe stammen vom Senat, die nachfolgenden Zitate beziehen sich ebenfalls auf die mit der Ausschreibung bekannt gemachte Leistungsbeschreibung)

Die Vermittlungszentrale soll ferner im Hinblick auf die zu vermittelnden Abschleppaufträge mit den registrierten Abschleppunternehmen eigenständig (Rahmen)verträge unter Berücksichtigung der Vorgaben aus der Leistungsbeschreibung abschließen (A. I., 4. Absatz).

Sämtliche im Vermittlungsregister gemeldeten Abschleppunternehmen sind von der Vermittlungszentrale in eine Vermittlungsliste aufzunehmen. Die Reihenfolge der Unternehmen in dieser Liste bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Aufnahme in das Vermittlungsregister (B. III. 2.c)).

Die Reihenfolge der Beauftragung der Abschleppunternehmen soll sich nach der Vermittlungsliste richten. Der Vermittlungszentrale steht bei der Vermittlung der Abschleppaufträge kein Spielraum zu; sie hat sich an die Reihenfolge der Abschleppunternehmen in der Vermittlungsliste zu halten und sie nacheinander „reihum“ zu beauftragen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vorgaben in Kap. B III 2. c), 4. Absatz der Leistungsbeschreibung verwiesen.

Die Vermittlungszentrale ist außerdem u.a. verpflichtet, eigenständig zu kontrollieren, ob die Abschleppunternehmen die Mindestleistungsanforderungen und Ausführungsregelungen einhalten. Andernfalls sind sie von der Vermittlungszentrale aus dem Register (und aus der Liste) zu löschen. Insoweit wird auf die Vorgaben in Kap. B IV-VI der Leistungsbeschreibung verwiesen (Bl. 110 – 119 der Vergabekammerakte, im Folgenden VKA).

Die Antragsgegnerin ergänzte mit Bekanntmachung vom 17. Februar 2020 ihre Ausschreibung in Bezug auf die Ziffer VII.1.2 u.a. um den Zusatz III.2., der folgenden Wortlaut hat: „Es können sich keine Abschleppunternehmen auf die Ausschreibung bewerben. Es wird nur die Vermittlung ausgeschrieben“. Ferner werden in Bezug auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit ebenso wie in Bezug auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit verschiedene Eignungskriterien aufgestellt, wegen deren Inhalt auf Ziffer VII.2) der ergänzenden Angaben der Ausschreibung verwiesen wird (Bl. 44 VKA).

Die Antragsgegnerin hat die Frist zur Einreichung von Angeboten auf den 10. März 2020 festgelegt.

Der Antragssteller erhob am 4. März 2020 verschiedene Rügen, die am 9. März 2020 von der Antragsgegnerin zurückgewiesen worden sind. Er hat im Gegensatz zu den Beigeladenen kein Angebot abgegeben und am 19. März 2020 einen Nachprüfungsantrag gestellt, mit dem insgesamt 15 Rügen vorgebracht werden. Im Vordergrund stehen die Vorwürfe, dass die Antragsgegnerin intransparente und diskriminierende Eignungsanforderungen gestellt habe, dass sie es versäumt habe, eine Losaufteilung für den Auftrag vorzunehmen, dass sie in unzulässiger Weise die Beschaffung von Abschleppdienstleistungen vollständig auf den Betreiber der Vermittlungszentrale delegieren wolle, dass die Beschaffungsreife für die streitgegenständlichen Dienstleistungen nicht vorliege und dass eine unzulässige de-facto-Vergabe durchgeführt werden solle.

Die Antragsgegnerin hat dagegen vorgebracht, dem Antragsgegner fehle bereits die Antragsbefugnis, denn er sei als Abschleppunternehmer vergaberechtskonform nicht zur Teilnahme an dem Vergabeverfahren zugelassen und könne daher durch die vermeintlichen weiteren Vergabeverstöße nicht in eigenen Rechten verletzt worden sein. Die ausgeschriebene Dienstleistung sei in erster Linie auf die Vermittlung von Abschleppaufträgen beschränkt, bei dem die Vermittlungszentrale keine eigene Auswahlentscheidung in Bezug auf die zu beauftragenden Abschleppunternehmen treffe. Es handle sich um ein dem sog. „Open-House“ – Modell angenähertes Verfahren, das nicht den vergaberechtlichen Bestimmungen unterliege. Daher sei auch der Vorwurf unberechtigt, hier würden vergaberechtliche Pflichten der Antragsgegnerin auf ein Privatunternehmen delegiert. Ebenso könne der Antragsteller nicht erfolgreich rügen, hier würden vergabewidrig sog. „de facto – Vergaben“ durchgeführt.

Die Vergabekammer hat durch den angefochtenen Beschluss das Vergabeverfahren aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet, bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht hoheitliche Abschleppleistungen in ihrem Stadtgebiet nur nach vorheriger Durchführung eines Vergabeverfahrens nach den Vorschriften des 4. Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu vergeben.

Zur Begründung hat die Vergabekammer folgendes ausgeführt:

Der Nachprüfungsantrag sei zulässig. Der Antragsteller sei namentlich auch antragsbefugt, obwohl er sich nicht als Bieter an dem Vergabeverfahren beteiligt habe. Der Antragsteller habe nämlich dargelegt, dass er sich durch die Nichtzulassung von Abschleppunternehmen – zu denen auch sein Unternehmen gehöre – an der Abgabe eines Angebots gehindert sehe und er rüge diesen Ausschluss als vergaberechtswidrig. Damit drohe dem Antragsteller ein Nachteil und er müsse sich dagegen wehren können.

Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet. Die Antragsgegnerin wolle mit der Einrichtung der Vermittlungszentrale und der Delegation von Aufgaben an diese Zentrale die ihr selbst obliegende Pflicht umgehen, die hoheitlich veranlassten Abschleppaufträge in einem den vergaberechtlichen Vorschriften des GWB entsprechenden Verfahren auszuschreiben und zu vergeben. Zu den einschlägigen Pflichten des öffentlichen Auftraggebers gehöre es u.a., Entscheidungen selbst zu treffen, bei denen ein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum ausgeübt werden müsse. Hier solle die Vermittlungszentrale aber bei der Zulassung von Abschleppunternehmen zum Vermittlungsregister zahlreiche Entscheidungen treffen, bei denen ihr ein von der Antragsgegnerin nicht kontrollierter Beurteilungsspielraum zuerkannt werde. So sei beispielsweise nicht konkret festgelegt, unter welchen Umständen ein Unternehmer oder sein Personal gegenüber der Vermittlungszentrale hinreichend nachgewiesen habe, dass er die Anforderungen an seine persönliche Zuverlässigkeit erfülle. Ähnliches gelte für die der Vermittlungszentrale übertragene Aufgabe, zu überprüfen, ob die Abschleppunternehmer mit den maßgeblichen Bestimmungen des Datenschutzes vertraut sind oder ob das Personal über die notwendige Ortskenntnis verfügt.

Unabhängig davon verstoße das hier vorgesehene Modell auch gegen § 127 Abs. 1 GWB und das hierin zum Ausdruck kommende Wettbewerbsprinzip gem. § 97 Abs. 1 S. 1 GWB. Indem die Antragsgegnerin die Preise für Abschleppleistungen von vorn herein festgelegt habe und die Verteilung der Aufträge nach dem „Reihum-System“ und nicht unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit erfolgen solle, werde jeglicher Wettbewerb zwischen den Abschleppunternehmen ausgeschaltet. Wettbewerbsvorteile potentieller Bieter von Abschleppleistungen würden mit dem von der Antragsgegnerin vorgesehenen Modell vollständig nivelliert.

Vor diesem Hintergrund müsse die Ausschreibung vollständig aufgehoben werden; ein milderes Mittel zur Beseitigung der Wettbewerbsverstöße komme nicht in Betracht.

Die Antragsgegnerin hat gegen den ihr am 22.10.2021 zugestellten Beschluss mit dem am 3. November 2021 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Sie wirft der Vergabekammer vor, verkannt zu haben, dass hier in Bezug auf die Vermittlung der Abschleppaufträge ein nicht den vergaberechtlichen Bestimmungen des GWB unterliegendes, dem sog. „Open-House-Modell“ angelehntes Verteilungsmodell vorliege. Die Vermittlungszentrale führe keine Abschlepp- oder Verwahrleistungen durch. Ihre Aufgabe solle es nur sein, nach Eingang einer Meldung der Funkleitstelle der Antragsgegnerin über eine notwendige Abschleppung den jeweiligen Abschleppauftrag an dasjenige Abschleppunternehmen zu vermitteln, das nach dem „Reihum-Verfahren“ als nächstes auf der Vermittlungsliste „an der Reihe sei“. Ein Beurteilungsspielraum stehe der Vermittlungszentrale dabei nicht zu, so dass von ihr keine öffentlichen Aufträge vergeben würden.

Auch bei der Aufnahme der Abschleppunternehmen in das Vermittlungsregister treffe die Vermittlungszentrale keine Auswahlentscheidung, denn es sei in der Leistungsbeschreibung vorgegeben, dass jeder Abschleppunternehmer, der die dort aufgeführten Anforderungen erfülle, dort aufgenommen werden müsse. Die in der Leistungsbeschreibung vorgegebenen Mindestleistungsanforderungen stellten demnach auch keine Zuschlagskriterien dar, sondern seien lediglich Zulassungskriterien, die für alle interessierten Marktteilnehmer gelten würden.

Dass der Vermittlungszentrale ein begrenzter Beurteilungsspielraum in Bezug auf die Prüfung der Zulassungskriterien bleibe, stehe dem als solches zulässigen „Open-House“ – Modell nicht entgegen. Auch bei der Etablierung eines „Open-House“ Modells dürften Anforderungen an die Eignung definiert werden. Da mit der Zulassung eine Prognoseentscheidung getroffen werde, müsse dem Verwalter des Registers ein gewisser Bewertungsspielraum zugemessen werden.

Es sei nicht vorgesehen, dass in dieser Hinsicht hoheitliche Aufgaben der Antragsgegnerin auf die Betreiberin der Vermittlungszentrale übertragen würden. So lasse die Forderung nach Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses der Belegart „0“ implizit erkennen, dass dort keine Eintragungen über strafrechtliche oder sonstige Verfehlungen vorhanden sein dürften. Die Vermittlungszentrale habe daher hinreichende Vorgaben, wie mit diesem Kriterium umzugehen sei. Ähnlich verhalte es sich mit der Prüfung, ob der Inhaber des Abschleppunternehmens oder sein Personal mit den Datenschutzbestimmungen vertraut seien, denn letzteres entspreche schon den gesetzlichen Bestimmungen.

Die Vergabekammer habe in dem angegriffenen Modell zu Unrecht eine Verletzung des Wettbewerbsgrundsatzes gesehen, denn es habe nicht beachtet, dass bei der Vermittlung von Abschleppaufträgen keine Auswahlentscheidung getroffen werde. Demzufolge könne der Antragsteller auch nicht in seinen Rechten gem. § 97 Abs. 6 GWB verletzt sein.

Zuletzt habe die Vergabekammer ihre Entscheidungsbefugnis überschritten, denn es habe die Ausschreibung insgesamt aufgehoben. Selbst wenn man die Bedenken der Vergabekammer in Bezug auf das Registrierungsverfahren der Vermittlungszentrale teilen würde, so dürfe das Ausschreibungsverfahren nur so weit zurückgesetzt werden, wie es nötig sei, um die – vermeintlich – in der Ausschreibung und der Leistungsbeschreibung vorhandenen Defizite ausgleichen zu können.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss der 1. Vergabekammer des Landes Hessen vom 22. Oktober 2021 (Az.: 69 D-VK-17/2020) aufzuheben und wie folgt zu erkennen:

1. Der Nachprüfungsantrag des Antragstellers vom 19. März 2020 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin im Verfahren vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt.

Der Antragsteller beantragt,

1. die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den oben genannten Beschluss zurückzuweisen und der Antragsgegnerin aufzuerlegen, die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.

2. Dem Antragsteller Akteneinsicht in das Kurzgutachten der A … AG Stadt1 vom 9. Dezember 2019 zu gewähren.

Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss und wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Es stelle sich bereits die Frage, ob die Ausschreibung eine unzulässige Generalunternehmervergabe von Abschlepp- und Verwahrleistungen darstelle. Die Vermittlungszentrale solle ausweislich der Leistungsbeschreibung eigenständig (Rahmen-) Verträge mit den jeweiligen Abschleppunternehmen abschließen und eigenständig sicherstellen, dass die Mindestleistungsanforderungen durch die Abschleppunternehmer eingehalten würden. Dies führe dazu, dass die Betreiberin der Vermittlungszentrale als Generalunternehmerin und dass die von ihr beauftragten Abschleppunternehmen als Nachunternehmer bzw. Unterauftragnehmer der Vermittlungszentrale angesehen werden müssten. Wenn man das nicht so sehen wolle, dann müsse jedenfalls den Erwägungen der Vergabekammer gefolgt werden, wonach die Antragsgegnerin mit der vorliegenden Ausschreibung ihre eigene Verpflichtung zur vergaberechtskonformen Ausschreibung von Abschleppdienstleistungen umgehen und sog. „de facto“ Vergaben durch die Vermittlungszentrale etablieren wolle.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Sie ist innerhalb der gesetzlichen Frist formgerecht eingelegt und begründet worden. Die Antragsgegnerin ist durch die Entscheidung der 1. Vergabekammer beschwert, weil dem Nachprüfungsantrag stattgegeben und die Ausschreibung aufgehoben wurde. In der Sache hat die Beschwerde aber im Ergebnis keinen Erfolg.

A. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Dies ist bereits von der Vergabekammer zutreffend festgestellt und überzeugend begründet worden. Der Antragsteller ist namentlich auch gem. § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt, obwohl er kein Angebot eingereicht hat. Er hat in seinem Nachprüfungsantrag ausführlich dargelegt, dass ihn die Vorgabe der Antragsgegnerin, Abschleppunternehmer – wie ihn – nicht zum Wettbewerb zuzulassen, davon abgehalten hat, ein eigenes Angebot zu erarbeiten. Zugleich hat der Antragsteller dargelegt, dass er diese Ausschlussklausel für vergaberechtswidrig hält. Dies genügt im vorliegenden Fall für die notwendige Darlegung, durch die Vorgaben der Ausschreibung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Rüge inhaltlich berechtigt ist oder nicht. Jedenfalls kann man einem jedenfalls potentiell an der Ausschreibung interessierten Bieter nicht dadurch die Antragsbefugnis entziehen, dass man ihn im Vergabeverfahren nicht zulässt. Die Vergabekammer hat das zutreffend erkannt und begründet. Die sofortige Beschwerde geht darauf nicht ein, so dass auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung unter Ziffer II.A.1.b. verwiesen werden kann.

B. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Die Antragsgegnerin hat gegen § 97 Abs. 1 S. 1 GWB verstoßen, indem sie davon abgesehen hat, die Beschaffung von Abschleppleistungen vergaberechtskonform auszuschreiben und stattdessen beabsichtigt, die Beschaffung mit der hiesigen Vergabe auf die Betreiberin der Vermittlungszentrale zu delegieren. Damit hat sie den Anspruch des Antragstellers auf Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen verletzt (nachfolgend Ziffer 1.). Mit Recht hat die Vergabekammer festgestellt, dass der Verstoß gegen die vergaberechtlichen Bestimmungen so schwer wiegt, dass er zu einer Aufhebung des Vergabeverfahrens führen muss (nachfolgend Ziffer 2.). Der Senat teilt im Ergebnis auch die Einschätzung der Vergabekammer, dass sich eine künftige Vergabe von hoheitlich motivierten Abschleppleistungen an den Vorschriften des 4. Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen orientieren muss (nachfolgend Ziffer 3.).

1. Der Antragsteller ist Unternehmer und hat gem. § 97 Abs. 6 GWB einen einklagbaren Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden. Eine Nichtbeachtung von Verfahrensvorschriften liegt auch dann vor, wenn fehlerhafterweise gar kein Vergabeverfahren durchgeführt wird, in dem der öffentliche Auftraggeber eine Mittelsperson einsetzt, um den Auftrag freihändig zu vergeben (Fehling in. Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Aufl., Rn 159 zu § 97 GWB). Dies ist hier der Fall.

Die Antragsgegnerin ist gem. § 99 Nr. 1 GWB ein öffentlicher Auftraggeber. Die Beauftragung von Abschleppunternehmen zum Abschleppen und Verwahren verkehrswidrig abgestellter Fahrzeuge durch die Ordnungsbehörde ist eine Beschaffung von Dienstleistungen i.S. von § 103 Abs. 1, Abs. 4 GWB. Der Beschaffungszweck ist ordnungspolizeilich definiert:

Sofern ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum verkehrsordnungswidrig abgestellt ist und die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs in der Weise beeinträchtigt, dass eine unaufschiebbare Beseitigung dieser Gefahrenlage erforderlich wird, sind die Polizei- und die Ordnungsbehörden berechtigt und verpflichtet, im Wege der Ersatzvornahme das Fahrzeug sicherzustellen und zu verwahren. Letzteres kann durch eine von den Ordnungsbehörden beauftragte dritte Person (das Abschleppunternehmen) auf Kosten des Störers geschehen (§ 49 Abs. 1 HSOG, vgl. dazu HessVGH, Urteil vom 17.3.1998, 11 UE 2393/96 Rn. 22 bei juris).

Die Antragsgegnerin ist demnach gem. § 97 Abs. 1 S. 1 GWB verpflichtet, Abschleppleistungen für diesen Beschaffungszweck in einem transparenten und diskriminierungsfreien Vergabeverfahren nach den Vorschriften des 4. Teils des GWB auszuschreiben. Die Antragsgegnerin verfolgt mit der hiesigen Ausschreibung das Ziel, möglichst viele Abschleppunternehmen in die Beschaffung dieser Dienstleistungen einzubinden, in dem allen Unternehmen, die die Leistungsanforderungen erfüllen, die Möglichkeit eröffnet wird, „reihum“ Abschleppaufträge ausführen zu können. Das ist jedoch mit der hier gewählten Vertragskonstruktion nicht vergaberechtskonform ausgestaltet:

a) Entgegen der Auffassung des Antragstellers werden mit der hiesigen Ausschreibung keine eigentlichen Abschlepp- und Verwahrleistungen vergeben. Der mit der Ausschreibung angestrebte Rahmenvertrag, den die Antragsgegnerin mit dem Betreiber der Vermittlungszentrale abschließen will, kann nicht als Generalunternehmervertrag angesehen werden, durch dem sich dieser Betreiber eigenständig zur Ausführung der Abschlepp- und Verwahrleistungen verpflichtet und dabei die vermittelten Abschleppunternehmen als Nach- oder Unterauftragnehmer einsetzt.

Auch wenn man dem Antragsteller zugestehen muss, dass der Vermittlungszentrale sehr umfangreiche Prüf- und Kontrollpflichten gegenüber den Abschleppunternehmen auferlegt werden (auf die später noch näher eingegangen wird), so lässt sich daraus kein Generalunternehmerverhältnis im Verhältnis zur Antragsgegnerin ableiten.

Der verständige, einschlägig erfahrene Bieter von Abschleppleistungen kennt den hoheitlich motivierten Hintergrund und weiß daher, dass diese durch die Ordnungsbehörden in Wahrnehmung ihrer ordnungspolizeilichen Befugnisse in Auftrag gegeben werden. Es war daher nicht notwendig, nochmals in der Leistungsbeschreibung klarzustellen, dass die Vermittlungszentrale für und im Namen der Ordnungsbehörden der Antragsgegnerin Abschleppaufträge vermittelt. Auch die weiteren Regelungen der Leistungsbeschreibung enthalten keine Anhaltspunkte, denen man entnehmen könnte, dass die Abschleppunternehmen als Erfüllungsgehilfen der Vermittlungszentrale tätig werden sollen. Dies kann man auch nicht aus der Verpflichtung in Ziffer A I. der Leistungsbeschreibung ableiten, wonach die Vermittlungszentrale verpflichtet wird, mit den Abschleppunternehmen eigenständig (Rahmen-)Verträge abzuschließen. Diese (Rahmen-)Verträge sind unabdingbar, damit die Vermittlungszentrale ihre Verpflichtung zur Prüfung der Mindestleistungsanforderungen und der Durchführungsanordnungen bei den Abschleppunternehmen erfüllen kann. Auch hieraus kann also nicht auf ein Generalunternehmerverhältnis geschlossen werden.

b) Die Vergabekammer hat mit Recht festgestellt, dass die Antragsgegnerin mit dem hiesigen Vergabeverfahren ihre Verpflichtung zur öffentlichen Ausschreibung der Abschleppleistungen umgeht, indem sie deren freihändige Vergabe durch den eigenständig agierenden Betreiber der Vermittlungszentrale anordnet.

Die Geltung des Vergaberechts steht nicht zur Disposition öffentlicher Auftraggeber. Wenn sich ein öffentlicher Auftraggeber dazu entschließt, die Erfüllung bestimmter Leistungen einer juristischen Person zu übertragen, die ihrerseits nicht dem Anwendungsbereich des § 98 GWB unterliegt, dann wird dem Vergaberecht nur dann Geltung verschafft, wenn die juristische Person entsprechende Aufträge öffentlich ausschreibt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.7.2015, VII Verg 11/15, – anerkannte Werkstatt, Rn 39 bei juris).

Diese Anforderungen werden hier nicht erfüllt. Die Abschleppaufträge sollen hier nicht ausgeschrieben, sondern vielmehr durch die Vermittlungszentrale völlig eigenverantwortlich an diejenigen Abschleppunternehmen vergeben werden, die zuvor in das eigenständig von der Zentrale geführte Register und in die hierauf bezogene Vermittlungsliste aufgenommen worden sind. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Antragsgegnerin in der Leistungsbeschreibung unter Ziffer B. II. 1.a) festgelegt hat, dass die Vermittlungszentrale die Auswahl der Abschleppunternehmen, denen Aufträge erteilt werden sollen, unter strikter Neutralität und Gleichbehandlung durchführen soll. Es ist auch irrelevant, dass der Vermittlungszentrale bei der eigentlichen Vermittlung keine Auswahlmöglichkeiten eröffnet wird, sie vielmehr insoweit streng nach der Vermittlungsliste im „Reihum-Verfahren“ vorgehen muss.

Diese Gesichtspunkte sind irrelevant, weil die Antragsgegnerin der Vermittlungszentrale nicht nur diese Aufgabe übertragen will, sondern sie darüber hinaus eigenständig mit der Führung des Vermittlungsregisters und der Prüfung der Mindestleistungsvoraussetzungen betraut, womit die der Antragsgegnerin obliegende Auswahlentscheidung auf die Zentrale verlagert wird.

Mit Recht hat die Vergabekammer herausgearbeitet, dass die Vermittlungszentrale schon bei der Aufnahme der Abschleppunternehmen in das Vermittlungsregister (Vergabe-)entscheidungen trifft, weil ihr Ermessens- und Beurteilungsspielräume zuerkannt werden, die ausschließlich von der Antragsgegnerin als Vergabestelle ausgefüllt werden dürfen. Dies setzt sich bei der Qualitätskontrolle und der Möglichkeit, Abschleppunternehmen aus dem Register zu löschen, fort. Dazu im Einzelnen:

(1) Bereits in Bezug auf den Nachweis der persönlichen Zuverlässigkeit des Betriebsinhabers und des Personals muss (und darf) die Vermittlungszentrale eine Auswahlentscheidung treffen, weil die Antragsgegnerin nicht transparent und hinreichend konkret festgelegt hat, welche Anforderungen an die Abschleppunternehmen gestellt werden.

Gefordert wird ein polizeiliches Führungszeugnis der Belegart „0“. Die Vergabekammer hat die Frage aufgeworfen, ob eine etwaige (strafrechtliche oder verwaltungsbehördliche) Eintragung im Führungszeugnis, wie etwa der Widerruf der Gewerbeerlaubnis, als Ausschlusskriterium für die Registrierung angesehen werden kann. Die Antragsgegnerin meint, es gäbe hier keinen Interpretationsspielraum für die Vermittlungszentrale, weil die Anforderung eines solchen Zeugnisses automatisch impliziere, dass dort keine Eintragungen über strafrechtliche oder sonstige Verfehlungen vorhanden sind.

Der Senat kann dieser Argumentation nicht folgen. Unabhängig davon, dass sich dazu in der Leistungsbeschreibung nichts Weiteres findet und diese Interpretation auch nicht auf der Hand liegt, widersprechen die Ausführungen der Antragsgegnerin auch ihrer eigenen früheren Stellungnahme im Vergabeverfahren. Vielmehr hat die Antwort der Antragsgegnerin auf eine Bieterfrage durchaus offenbart, dass sie selbst hier Wertungsspielräume sieht. Dies hat folgenden Hintergrund:

Führungszeugnisse der Belegart „0“ können ausweislich der Vorgaben des Bundesjustizamtes nur an Behörden gesendet werden. Die Vermittlungszentrale ist keine Behörde, kann also selbst die Vorlage von Führungszeugnissen nicht verlangen. Sie wäre darauf angewiesen, dass die Antragsgegnerin die Führungszeugnisse einholt und sie an die Zentrale weiterleitet. In einer Antwort der Antragsgegnerin auf eine entsprechende Bieterfrage vom 4.3.2020 hat sie daher klargestellt, dass diese Vorgabe im Leistungsverzeichnis korrigiert und dass Führungszeugnisse an sie übersandt werden müssen. Dann heißt es wörtlich wie folgt:

„Sollte das Führungszeugnis Eintragungen enthalten, die Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit des Inhabers und/oder gesetzlichen Vertreters des AU sowie das vom AU bei der Leistungserbringung eingesetzte Personal aufkommen lassen, wird der AG die VZ unmittelbar informieren“ (Bl. 204 VA).

Mit anderen Worten: Hier wird offenbar angenommen, dass die Antragsgegnerin selbst entscheidet, welche Eintragungen im Führungszeugnis noch akzeptiert werden und welche nicht. Es ist daher weder für einen verständigen Bieter noch für den Betreiber der Vermittlungszentrale nachvollziehbar, wie man die Vorgaben an das Eignungskriterium persönliche Zuverlässigkeit durchschauen soll. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin ausweislich Ziffer C I.1.a), 2. Absatz, letzter Satz anordnet „Ausnahmen sind in besonderen Härtefällen möglich“. Es ist nicht klargestellt, wann ein besonderer Härtefall vorliegt, noch wie er nachgewiesen oder wie er von der Vermittlungszentrale beurteilt werden soll.

(2) Ähnlich undurchsichtig sind die Mindestanforderungen an die Abschleppunternehmen in Bezug auf die für die Berufsausübung vorzulegenden Genehmigungen oder Erlaubnisse gem. Ziffer C I.1.e) der Leistungsbeschreibung. Es wird gegenüber der Vermittlungszentrale nicht vorgegeben, welche Unterlagen sie von den Abschleppunternehmen verlangen kann (und muss) und welche Genehmigungen und Erlaubnisse „für die Ausführung der Abschleppleistungen“ erforderlich sind. Dies wäre allerdings unabdingbar, um die Zulassung zum Vermittlungsregister transparent zu machen und der Vermittlungszentrale so konkrete Vorgaben zu machen, dass sie keine eigene Auswahlentscheidung treffen muss. Die Antragsgegnerin kann dem auch nicht entgegenhalten, dass gewerblich tätige Abschleppunternehmer schon wüssten, welche Genehmigungen und Erlaubnisse sie bräuchten. Die Ausschreibung richtet sich nämlich explizit nicht an Abschleppunternehmen, sondern an Dienstleister, die gerade keine Abschleppleistungen erbringen, also „branchenfremd“ sind. Mangels eindeutiger Vorgaben steht es daher nach den Vorgaben in der Leistungsbeschreibung letztlich im freien Belieben der Vermittlungszentrale, welche Genehmigungen und Erlaubnisse sie zulassen will und welche nicht.

(3) Mit Recht hat die Vergabekammer ferner hervorgehoben, dass die Leistungsbeschreibung auch überhaupt keine Vorgaben in Bezug auf den Nachweis hinreichender Kenntnisse in Bezug auf den Datenschutz (gilt für die Abschleppunternehmer und ihr Personal) sowie in Bezug auf ihre Ortskenntnisse enthält (Leistungbeschreibung Ziffern C I.3.d) und e)). Auch insoweit stünde es im nicht kontrollierten Belieben der Vermittlungszentrale, positive oder negative Auswahlentscheidungen in Bezug auf die Registrierung der Abschleppunternehmen zu treffen. Die Beschwerdebegründung geht darauf nicht ein, so dass auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden kann.

(4) Die Liste der intransparenten Eignungsvorgaben lässt sich noch über die von der Vergabekammer angesprochenen Punkte hinaus erweitern. So verlangt Ziffer C.I.5.c) und d) den Nachweis des Abschleppunternehmens gegenüber der Vermittlungszentrale, dass er über geeignete Verwahrflächen verfügt. Wie dieser Nachweis zu führen ist, bleibt aber ungeklärt. Auch eine entsprechende Bieterfrage ist von der Antragsgegnerin nicht zufriedenstellend geklärt worden (Bl. 206 VA, Frage 7).

Ferner wird der Vermittlungszentrale die Aufgabe und Befugnis übertragen, eigenständig zu überprüfen, ob die Verwahrflächen den gesetzlichen Bestimmungen (Umweltauflagen etc.) entsprechen und durch sonstige Maßnahmen baulicher und technischer Art gegen Beschädigung, Entwendung oder unbefugte Benutzung der Fahrzeuge gesichert sind. Wie dies zu prüfen ist und unter welchen Umständen diese Kriterien erfüllt sind, bleibt offen und obliegt daher ebenfalls der eigenständigen Beurteilung der Vermittlungszentrale.

(5) Die dargestellten Probleme setzen sich bei den Vorgaben der Leistungsbeschreibung an die Qualitätskontrolle der Abschleppunternehmen fort, die bei negativem „Testat“ zu einer Löschung aus dem Vermittlungsregister führen können (Leistungsbeschreibung Ziffer B V.1.a) – c)). Eine Löschung aus dem Register kommt in Betracht, wenn die ursprünglich nachgewiesenen Mindestleistungsanforderungen nicht mehr erfüllt sind, und wenn die „Ausführungsregelungen“ (in lit. b auch „Durchführungsregelungen“) vom Abschleppunternehmen nicht eingehalten worden sind, was die Vermittlungszentrale eigenständig durch jährliche und anlassbezogene Kontrollen prüfen soll. Da mindestens bei den o.g. Mindestleistungsanforderungen unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet werden, die der Vermittlungszentrale Beurteilungsspielräume eröffnen, kann auch insoweit nicht von transparenten Zulassungsbestimmungen gesprochen werden.

Maßgeblich ist letztlich, dass die Überprüfung der Mindestleistungsvoraussetzungen und der Ausführungsregelungen völlig der eigenen Kontrolle der Antragsgegnerin entzogen ist, so dass die Vermittlungszentrale eigenständig entscheiden kann, wer ins Vermittlungsregister aufgenommen wird und darin verbleibt und auf diese Weise auch eigenständig ohne Beachtung der vergaberechtlichen Bestimmungen Abschleppaufträge vergeben kann.

c) Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, dass die Verteilung der Abschleppaufträge in einem dem sog. „Open House – Modell“ nachempfundenen Verfahren erfolgen soll. Die Vergabekammer hat mit Recht festgestellt, dass das hiesige Verfahren dem „Open House – Modell“ nicht entspricht. Auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung kann verwiesen werden. Ergänzend ist folgendes auszuführen:

(1) Die Vergabekammer hat zutreffend ausgeführt, dass ein öffentlicher Auftrag i.S. von § 103 GWB nur dann vorliegt, wenn der öffentliche Auftraggeber eine Auswahlentscheidung trifft. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, wohl aber aus der ihr zugrundeliegenden Regelung in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU (im Folgenden: Vergaberechtsrichtlinie). Dort ist klargestellt, dass eine Auftragsvergabe im Sinne dieser Richtlinie nur dann vorliegt, wenn bei dem im Wege eines öffentlichen Auftrags erfolgenden Erwerb der/die Wirtschaftsteilnehmer von dem öffentlichen Auftraggeber „ausgewählt werden“. Umgekehrt stellt Ziffer 4 der Erwägungsgründe der Vergaberechtsrichtlinie klar, dass keine Auftragsvergabe i.S. der Richtlinie vorliegt, wenn der öffentliche Auftraggeber – ohne das eine Selektivität ausgeübt wird – alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, zur Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe zulässt. Für solche Zulassungsverfahren hat sich der Begriff des „Open House – Modells“ etabliert, weil bei diesen Verfahren sprichwörtlich jedem Wirtschaftsteilnehmer der Zutritt zum „Haus“ der Beschaffungsstelle offensteht (vgl. Dreher, NZBau 2019, 275, 276).

In der Rechtspraxis sind diese Modelle zunächst im Hinblick auf den Abschluss von Rabattverträgen der gesetzlichen Krankenkassen mit Arzneimittelunternehmen relevant geworden. In der Entscheidung „Falk-Pharma“ des Europäischen Gerichtshofs ging es um ein solches Verfahren, in dem die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) jedes Unternehmen, das Arzneimittel mit einem bestimmten Wirkstoff vertrieb und bestimmte Voraussetzungen erfüllte, zu feststehenden Vertragsbedingungen in das Rabattsystem zulassen wollte. Der eigentliche zahlungspflichtige Abruf der Medikamente lag dann in den Händen Dritter, nämlich der die Arzneimittel verordnenden Ärzte (EuGH, Urteil vom 2.6.2016 – Falk Pharma – C-410/14).

Der EuGH hat eine solche Art der Beschaffung vom Anwendungsbereich der Vergaberechtsrichtlinie freigestellt, aber zugleich in Ziffer 2 des Tenors klargestellt, dass das Zulassungsverfahren zu einem derartigen Vertragssystem im Einklang mit den Grundregeln des AEU-Vertrags ausgestaltet und durchgeführt werden muss, insbesondere mit den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer sowie sich dem daraus ergebenden Transparenzgebot vereinbar sein muss.

In einer weiteren Entscheidung vom 1.3.2018 (C-9/17 – Maria Tirkonnen) hat sich der EuGH mit einer außerhalb des Pharma-Bereichs liegenden Fallkonstellation beschäftigt. Es ging um eine Ausschreibung der finnischen Agentur für den ländlichen Raum über den Abschluss von Dienstleistungsverträgen mit Landwirtschaftsberatern. Die Agentur wollte den Landwirten einen möglichst großen Pool von Beratern zur Seite stellen und mit jedem Interessenten einen solchen (Dienstleistungs-)Rahmenvertrag abschließen, der die Zulassungsvoraussetzungen erfüllte. Dazu gehörte der Nachweis, dass die Berater die hierfür erforderliche Fachkunde besitzen, sich in Seminaren weiterentwickelt hatten und eine sich an die Eignungsprüfung anschließende Prüfung bestanden haben. Auch hier hat der EuGH klargestellt, dass ein solches Zulassungssystem nicht den Bestimmungen der Vergaberechtsrichtlinie unterfällt.

Beiden Fällen ist gemein, dass sog. „Dreiecks-Konstellationen“ bestanden, bei denen zunächst der öffentliche Auftraggeber lediglich eine eigene (!) Zulassungsentscheidung getroffen hat (durch den Abschluss des Arzneimittelversorgungs-Rahmenvertrags bzw. die Aufnahme in das Berater-Register), während die eigentliche Auswahlentscheidung von einem Dritten (dem behandelnden Arzt oder dem Landwirt) getroffen. Beiden Fällen ist auch gemein, dass in den Zulassungsverfahren die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, Gleichbehandlung und Transparenz beachtet worden sind (vgl. Dreher aaO., S. 290 m.w.N.).

(2) Das streitgegenständliche Modell ist nicht mit der Konstellation eines „Open House – Modells“ vergleichbar und erfüllt auch nicht die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines solchen Modells. Das Modell der Antragsgegnerin weicht schon deshalb von den Konstellationen „Falk Pharma“ und „Maria Tirkonnen“ ab, weil die Vermittlungszentrale keine „dritte Person“ ist, sondern als Stellvertreterin der Antragsgegnerin Abschleppaufträge vergeben soll.

Hinzu kommt, dass die Vermittlungszentrale auch entscheiden soll, wer in das Vermittlungsregister aufgenommen werden soll und wer nicht. Diese Entscheidung war in den erwähnten EuGH-Entscheidungen von der Vergabestelle selbst getroffen worden.

Zuletzt erfüllt die Ausschreibung der Antragsgegnerin auch nicht die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zur Transparenz der Zulassung interessierter Abschleppunternehmen zum Vermittlungsregister. Dies ist oben bereits im Einzelnen aufgeführt worden und muss hier nicht wiederholt werden.

2.) Mit Recht hat die Vergabekammer das Vergabeverfahren aufgehoben. Das Verfahren leidet unter derart schwerwiegenden konzeptionellen Mängeln, dass mildere Mittel i.S. von § 168 Abs. 1 GWB zur Beseitigung der Rechtsverstöße nicht zur Verfügung stehen.

Die Vergabekammer hat bei einer Rechtsverletzung des Antragstellers gem. § 168 Abs. 1 GWB die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Der Vergabekammer steht zwar ein weiter Ermessensspielraum bei der Auswahl der geeigneten Maßnahmen zu, der vom Beschwerdegericht nur darauf geprüft werden kann, ob die Maßnahme zur Beseitigung der Rechtsverletzung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist (vgl. Kadenbach in: Müller/Wrede, GWB Vergaberecht, Rn 14 zu § 168 GWB). Sie ist aber jedenfalls an das Verhältnismäßigkeitsgebot gebunden, weswegen eine Aufhebung der Ausschreibung als „ultima ratio“ nur dann in Betracht kommt, wenn eine Korrektur im laufenden Verfahren nicht mehr möglich ist (Steck in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., Rn 18 zu § 168 GWB). Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Leistungsbeschreibung unklar oder wenn der Beschaffungsbedarf nicht hinreichend definiert ist (Herrmann in: Ziekow/Völlink, aaO., Rn 19 zu § 63 VgV). Im vorliegenden Fall muss der Beschaffungsbedarf für die begehrte Vermittlungsleistung bei fortbestehender Beschaffungsabsicht neu definiert werden, wenn die Ausschreibung den vergaberechtlichen Vorgaben genügen soll.

a) Der Senat kann sich der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung, das Vergabeverfahren könne jedenfalls durch punktuelle Korrektur der Leistungsbeschreibung und/oder durch Einfügen einer eigenen Kontrollmöglichkeit über das Handeln der Vermittlungszentrale vergaberechtskonform ausgestaltet werden, nicht anschließen. Der Vergaberechtsverstoß liegt aus den bereits dargestellten Gründen in der konzeptionellen Ausgestaltung der Arbeit der Vermittlungszentrale, die durch einige kleinere Korrekturen nicht beseitigt werden kann, vielmehr bei fortbestehender Absicht der Vergabe von Vermittlungsleistungen für Abschleppaufträge eine völlige Neuorientierung der Aufgabenstellung der Vermittlungszentrale erforderlich macht.

Es kann für die Entscheidung, ob das Vergabeverfahren aufgehoben werden muss oder nicht, offenbleiben, ob die Antragsgegnerin durch die vergaberechtlichen Vorgaben von vornherein daran gehindert ist, sich bei der Beschaffung von Abschleppdienstleistungen der Mithilfe einer Vermittlungszentrale zu bedienen. Dagegen spricht jedenfalls, dass der Gesetzgeber in § 6 VgV ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, dass der öffentliche Auftraggeber Dienstleister einsetzen darf, um ihm bei der Beschaffung öffentlicher Aufträge zu unterstützen.

Der Begriff des Beschaffungsdienstleisters ist im Gesetz nicht definiert, er wird vielmehr in § 6 Abs. 1 VgV vorausgesetzt. Eine Definition findet sich in Art. 2 Abs. 1 Nr. 15 der Vergaberechtsrichtlinie, wonach der Beschaffungsdienstleister „Tätigkeiten zur Unterstützung von Beschaffungstätigkeiten“ erbringt, zu denen insbesondere die Bereitstellung einer technischen Infrastruktur [gehört], die es den öffentlichen Auftraggebern ermöglicht, öffentliche Aufträge zu vergeben“.

Der Begriff des Beschaffungsdienstleisters ist nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers weit auszulegen. Erfasst wird demnach jedes Tätigwerden für den öffentlichen Auftraggeber auf rechtlicher Grundlage im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren (vgl. Dreher/Hoffmann in: Beck`scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., Rn 26 zu § 6 VgV). Vor diesem Hintergrund scheint es nicht von vornherein ausgeschlossen zu sein, eine Vermittlungszentrale als Intermediär bei der Verteilung von Abschleppaufträgen einzusetzen, wenn sich deren Auftrag darauf beschränkt, die „Reihum-Verteilung“ von Abschleppaufträgen nach einem von vorn herein festgelegten und unabänderlichen Modus durchzuführen, während die (Auswahl-) Entscheidungen zur Zulassung der Abschleppunternehmen in das Vermittlungsregister und zur Qualitätskontrolle ausschließlich in der Hand der Antragsgegnerin liegen, die sich auch eine entsprechende Kontrolle der Vermittlungsleistungen vorbehalten muss.

b) Ob man eine solche Vorgehensweise mit der nachfolgend behandelten vergaberechtskonformen Ausschreibung der Abschleppleistungen selbst in Einklang bringen kann, muss hier nicht entschieden werden und ist möglicherweise auch Gegenstand von Zweckmäßigkeitserwägungen, die von der Antragsgegnerin selbst anzustellen sind. Jedenfalls muss das vorliegende Vergabeverfahren aufgehoben werden, weil der an die Vermittlungszentrale zu vergebende Dienstleistungsauftrag neu konzipiert werden muss, was innerhalb dieses Vergabeverfahren nicht mehr möglich ist.

Der hier streitgegenständlichen Ausschreibung liegt nicht nur bei der Leistungsbeschreibung ein fehlerhaftes Verständnis von der Zulässigkeit der Delegation von Vergabeentscheidungen zugrunde. Wie oben schon im Einzelnen dargestellt, soll die Vermittlungszentrale wesentliche Auswahlentscheidungen, die die Zulassung der Abschleppunternehmen zum Vermittlungsregister und deren Qualitätskontrolle betreffen, eigenständig treffen, was den vergaberechtlichen Vorgaben widerspricht. Die Ausschreibung ist aber nicht nur dort, sondern auch bei der Wertungsmatrix zur Prüfung der Erfüllung der Zuschlagskriterien in dieser Hinsicht rechtsfehlerhaft konzipiert, denn hier sind mehrere Unterkriterien (Einrichtung der Vermittlungszentrale, Qualitätsmanagement) so formuliert, dass die Bieter damit ihre Leistungsfähigkeit in Bezug auf nicht delegationsfähige Auswahlentscheidungen darlegen müssen. Letztlich dürfte auch die beabsichtigte Honorierung der Dienstleistungen der Vermittlungszentrale auf dem fehlerhaften Verständnis der Delegationsmöglichkeit basieren.

3. Mit Recht hat die Vergabekammer der Antragsgegnerin zuletzt aufgegeben, bei fortdauernder Beschaffungsabsicht (und dem Erreichen der Schwellenwerte) hoheitliche Abschleppleistungen nur nach vorheriger Durchführung eines Vergabeverfahrens entsprechend der Vorgaben im 4. Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu vergeben. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass die Beklagte mit diesen Dienstleistungen einen Beschaffungszweck verfolgt (und damit diesen Vorschriften unterliegt) und dass sie aus den dargestellten Gründen daran gehindert ist, die vergaberechtliche Auswahlentscheidung an einen Dritten zu delegieren, wenn sie diesem nicht zugleich auferlegt, die Dienstleistungen in einem vergaberechtskonformen Verfahren auszuschreiben (vgl. dazu die oben schon zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 15.7.2015, VII Verg 11/15).

Es kann offenbleiben, ob die Antragsgegnerin bei einer etwaigen Ausschreibung von Selektiv-Rahmenverträgen, wie sie beispielsweise im Schriftsatz des Antragstellers vom 18.1.2022 für andere bundesdeutsche Gebietskörperschaften geschildert werden, daran gehindert ist, den Abschleppunternehmen Festpreisvorgaben zu machen. Maßgeblich ist allein, das die Antragsgegnerin bei der Auswahl ihrer Rahmenvertragspartner das in § 127 Abs. 1 GWB normierte Wirtschaftlichkeitsgebot einhält, für das neben dem Preis auch qualitative, umweltbezogene und soziale Aspekte eine Rolle spielen können bzw. bei der Vorgabe eines Festpreises gem. § 58 Abs. 2 S. 3 VgV eine Rolle spielen müssen. In diese Richtung interpretiert der Senat auch die Erwägungen der Vergabekammer unter Ziffer II.A. 2.c. der angefochtenen Entscheidung und tritt ihnen daher im Ergebnis bei.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 175 Abs. 2, 71 GWB.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird gem. § 50 Abs. 2 GKG auf 33.697,83 € festgesetzt. Dies entspricht 5 % des bereits in der angefochtenen Entscheidung aufgeführten Bruttoauftragswerts von 673.956,50 €.

Dem Antrag des Antragstellers, ihm Einsicht in das Gutachten der Fa. A zu gewähren, ist nicht entsprochen worden, weil dies nach Abwägung der beiderseitigen Interessen aus wichtigen Gründen geboten ist (§§ 165 Abs. 2, 72 Abs. 2 S. 4 GWB).

Die Vergabekammer hat bereits ausführlich begründet, warum der Antragsgegnerin ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung dieser Unterlagen zusteht und warum die Bekanntgabe dieser Daten dem Antragsteller einen nicht zu rechtfertigenden Wettbewerbsvorteil für künftige Ausschreibungen von Abschleppleistungen verschaffen würde. Hierauf kann verwiesen werden. Bei der hiernach erforderlichen Abwägung ist zu berücksichtigen, dass das Akteneinsichtsrecht nur in dem Umfang besteht, wie es zu Durchsetzung der subjektiven Rechte des Verfahrensbeteiligten erforderlich ist (vgl. Behrens in: Müller-Wrede, GWB aaO., Rn. 19 zu § 165 GWB). Hier ist entscheidend, dass die Antragsgegnerin keine Abschleppleistungen ausgeschrieben hat, sondern nur die Dienstleistung der Vermittlung von Abschleppleistungen. Der Festpreis für Abschleppleistungen und dessen Kalkulation spielt demnach für Rügen des Antragstellers gegen die Ausschreibung keine Rolle.