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Entscheidung im Volltext VK Bund: Bieterangabe mit Zusatz „oder gleichwertig“ führt zum Angebotsausschluss

 

vorgestellt von Thomas Ax

Enthält eine Fabrikatsangabe im Bieterangabenverzeichnis den Zusatz „oder gleichwertig“, ist das Angebot unbestimmt und daher vom Vergabeverfahren auszuschließen
VK Bund, Beschluss vom 16.05.2023 – VK 2-28/23 (nicht bestandskräftig; Beschw: OLG Düsseldorf, Az. Verg 17/23)

Gründe:

I.

1. Die Antragsgegnerin (Ag) machte den oben genannten Auftrag im Rahmen eines offenen Verfahrens im Supplement zum Amtsblatt der EU unionsweit bekannt. Als Zuschlagskriterium war einzig der Preis vorgesehen.

Das Bauvorhaben umfasste u.a. die Herstellung von zwei Straßenhilfsbrücken. Das Leistungsverzeichnis führte insoweit in den Positionen 9.3.60 und 9.3.70 jeweils den Brückentyp […] 100 der Firma […] Bridging als Leitfabrikat auf (in je nach LV-Position unterschiedlicher Länge), ergänzt um den Zusatz „oder gleichwertig“. In den beiden LV-Positionen fand sich auch jeweils der Hinweis auf das Bieterangabenverzeichnis.

Das „Bieterangaben-Verzeichnis“ enthielt unter Angabe der Ordnungszahl und einer Kurzbeschreibung mehrerer Positionen des Leistungsverzeichnisses jeweils ein Freifeld für „Angaben des Bieters“. Neben zahlreichen anderen Positionen waren hier auch die Positionen 9.3.60 und 9.3.70 angegeben.

In dem von der Ag den Bietern als Formblatt zur Verfügung gestellten „Angebotsschreiben“ hieß es unter Ziffer 8 u.a.:

„Ich/wir erkläre(n), dass […] das vom Auftraggeber vorgeschlagene Produkt Inhalt meines/unseres Angebotes ist, wenn Teilleistungsbeschreibungen des Auftraggebers den Zusatz ‚oder gleichwertig‘ enthalten und von mir/uns keine Produktangaben (Hersteller- und Typbezeichnung) eingetragen wurden.“

Die Antragstellerin (ASt) und die Beigeladene (Bg) gaben als einzige Bieter jeweils ein Angebot ab.

Das Angebot der Bg enthielt u.a. das Bieterangabenverzeichnis. Zur Position 9.3.60 war dort in der Spalte „Angaben des Bieters“ aufgeführt: „[…] 100 15,00m x 3,5m o. glw.“ Zur Position 9.3.70 war angegeben: „[…] 100 27,00m x 3,5m o. glw.“.

Am 9. Februar 2023 gab die Ag den Bietern das Submissionsergebnis bekannt, wonach die ASt einen um mehrere Millionen Euro höheren Angebotspreis als die Bg angeboten hatte.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2023 wies die ASt die Ag darauf hin, dass u.a. das von der Ag benannte Leitfabrikat […] 100 nur noch gebraucht verfügbar sei, während die Leistungsbeschreibung so zu verstehen sei, dass für das Hauptangebot neuwertige Behelfsbrücken anzubieten seien. Es werde um Aufklärung gebeten, ob im Hauptangebot der Wettbewerberin neuwertige Behelfsbrücken enthalten seien.

Die Ag führte mit der Bg am 23. Februar 2023 ein Aufklärungsgespräch. Im Protokoll der Ag wurde auszugsweise festgehalten:

„Das Bieterangabenverzeichnis gibt nicht eindeutig vor, welche Artikel tatsächlich eingerechnet wurden, da der Zusatz ‚oder glw.‘ aufgeführt wird. Es wurden alle durch die Vergabeunterlagen vorgeschlagenen und keine gleichwertigen Artikel einkalkuliert.“

Auf Mitteilung der Ag vom 6. März 2023, dass das Leistungsverzeichnis auch das Angebot gebrauchter Brücken ermögliche, rügte die ASt durch Schriftsatz ihrer damaligen Bevollmächtigten, der Rechtsberatungsgesellschaft ihres Mutterkonzerns, vom 7. März 2023 dieses Verständnis der Leistungsbeschreibung als vergaberechtswidrig. Angebote, die im Hauptangebot gebrauchte Behelfsbrücken enthielten, seien wegen Änderung an den Vergabeunterlagen auszuschließen. Die Ag teilte mit Schriftsatz vom 14. März 2023 mit, dass sämtliche Bieter die Vergabeunterlagen im Sinne der ASt verstanden hätten, also neuwertige Behelfsbrücken angeboten hätten, so dass auch bei Unterstellung der Rechtsauffassung der ASt keine Gründe für einen Ausschluss von Angeboten vorlägen.

Mit Schreiben vom 20. März 2023 teilte die Ag der ASt gem. § 134 GWB mit, dass sie deren Angebot nicht berücksichtigen könne, da dieses nicht das wirtschaftlichste sei. Beabsichtigt sei, den Zuschlag frühestens am 31. März 2023 auf das Angebot der Bg zu erteilen.

Mit Schreiben ihrer damaligen Bevollmächtigten vom 21. März 2023 rügte die ASt die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Bg und wies nochmals darauf hin, dass das von der Ag benannte Leitfabrikat der Straßenhilfsbrücke nicht mehr hergestellt werde.

Die Ag informierte mit Schreiben vom 24. März 2023 die Bieter über eine Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in den Zustand der Angebotswertung. Gleichzeitig bat sie die Bg um Bestätigung zur Neuwertigkeit der angebotenen Straßenhilfsbrücken. Fristgerecht antwortete die Bg mit Schreiben vom 28. März 2023:

„Für den Vergabefall werden wir die Straßenhilfsbrücken der Firma […] Bridging […] 100 ungebraucht liefern. Uns liegt ein entsprechendes Angebot der Fa. […] vor. Sollte die Lieferung wider Erwarten aufgrund einer geänderten Verfügbarkeit nicht mehr möglich sein, so erhalten Sie – wie angeboten – gleichwertige neu gefertigte Straßenhilfsbrücken.“

Mit Schriftsatz vom 30. März 2023 teilte die Ag der ASt mit, dass nach genauerer Prüfung bestätigt sei, dass alle Bieter ungebrauchte Straßenhilfsbrücken angeboten hätten. Mit erneutem Schreiben gem. § 134 GWB vom gleichen Tag teilte die Ag der ASt mit, dass sie deren Angebot nicht berücksichtigen könne, da dieses nicht das wirtschaftlichste sei. Beabsichtigt sei weiterhin, den Zuschlag auf das Angebot der Bg zu erteilen.

Die Verfahrensbevollmächtigten der ASt rügten mit Schreiben vom 4. April 2023 das Vorgehen der Ag als vergaberechtswidrig. Im Schreiben gem. § 134 GWB sei das Datum des frühestmöglichen Zuschlages nicht korrekt angegeben, die Stillhaltefrist sei durch die Osterfeiertage auch unangemessen verkürzt, weiter sei die Umrechnung des Preises in einen Punktwert nach einer unbekannten Formel erfolgt. Aufgrund des Preisabstandes zwischen den Angeboten der ASt und der Bg von über 20 % hätte eine Preisaufklärung erfolgen müssen. Auch sei davon auszugehen, dass die Bg keine neuen Straßenhilfsbrücken angeboten habe.

Mit Schreiben vom 5. April 2023 lehnte es die Ag ab, der Rüge abzuhelfen.

2. Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 6. April 2023 stellt die ASt Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer.

a) Der Antrag sei zulässig und begründet.

– Der Nachprüfungsantrag sei zulässig, insbesondere seien die Rügegesichtspunkte nicht präkludiert. Erst mit der Vorabinformation vom 20. März 2023 habe der – eine Rügeobliegenheit begründende – Vergabeverstoß vorgelegen. Dieser sei mit Rüge vom 21. März 2023 angegriffen worden. Aufgrund der Nichtabhilfe vom 30. März 2023 beginne die 15-Tages-Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB erst am 31. März 2023, so dass der Nachprüfungsantrag hinsichtlich der Berücksichtigung der Bg bei der Angebotswertung ungeachtet der von dieser vorgenommenen Änderung der Vergabeunterlagen und eines unangemessen niedrigen Preises nicht präkludiert sei. Auch habe die Ag das Vergabeverfahren insgesamt und nicht nur teilweise zurückversetzt, so dass insoweit eine Zäsur eingetreten sei und neue Rügefristen liefen.

– Die Vorabinformation vom 30. März 2023 genüge nicht den Vorgaben des § 134 GWB. Sie benenne nicht den frühestmöglichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses, die Stillhaltefrist sei auch durch die Osterfeiertage unzumutbar verkürzt. Auch die Umrechnung des Angebotspreises in Wertungspunkte sei transparenzwidrig und hindere die Wirksamkeit der Mitteilung. Letztlich dürfte die Ordnungsgemäßheit der Vorabinformation vom 30. März 2023 aber wohl keine Rolle mehr spielen, da die ASt rechtzeitig einen Nachprüfungsantrag eingereicht habe.

– Die Wertung des Angebotes der Bg verstoße gegen § 16d EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A. Aufgrund des Preisabstandes von über 20 %-Punkten zwischen den Angeboten von ASt und Bg sei das Angebot der Bg aufklärungsbedürftig, ohne dass die Ag eine ordnungsgemäße Aufklärung durchgeführt habe. Das Angebot der Bg sei in Ermangelung von Anhaltspunkten, wie dieser Preisabstand zulässigerweise zustande gekommen sei, auszuschließen.

– Das Angebot der Bg sei zwingend auszuschließen, weil diese im Bieterangabenverzeichnis angegeben habe, in den Positionen 9.3.60 und 9.3.70 eine Brücke […] Bridging […] 100 oder gleichwertig zu liefern. Damit bleibe offen, ob das Leitprodukt oder das Alternativprodukt geliefert würde. Das Angebot sei mithin nicht wertbar. Da die Bg zwei alternativ zueinanderstehende Leistungen versprochen habe, könne die Ag auch nicht auf die vertragsgerechte Erfüllung der Leistung vertrauen, da sie eben nicht wisse, welche Leistung sie erhalte.

Die ASt beantragt über ihre Verfahrensbevollmächtigten,

1. die Einleitung des Vergabenachprüfungsverfahrens gem. §§ 160 ff. GWB;

2. der Ag zu untersagen, den Zuschlag in dem Vergabeverfahren […] auf das Angebot der Bg zu erteilen und

der Ag aufzugeben, die Wertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen und das Vergabeverfahren fortzuführen;

3. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der ASt für erforderlich zu erklären und

4. der Ag die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Gleichzeitig beantragt die Ast gem. § 165 GWB Akteneinsicht.

b) Mit Schriftsatz vom 18. April 2023 beantragt die Ag, die Anträge der ASt bereits als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise und im Übrigen als unbegründet zurückzuweisen und ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

– Der Nachprüfungsantrag sei schon unzulässig. Bereits mit Schreiben vom 7. März 2023 habe die ASt gerügt, dass solche Angebote, die im Hauptangebot gebrauchte Behelfsbrücken enthielten, hätten ausgeschlossen werden müssen, ohne dass die Ag die begehrte Rückversetzung des Vergabeverfahrens durchgeführt habe. Ein Nachprüfungsverfahren sei jedoch nicht innerhalb der 15-Tages-Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB eingeleitet worden.

Die ASt habe das Informationsschreiben vom 20. März 2023, welches wie auch das weitere Informationsschreiben vom 30. März 2023 schon die Umrechnung des Preises in Wertungsunkte enthalten habe, diesbezüglich nicht gerügt.

Die ASt sei auch präkludiert, soweit sie den Aspekt der Angemessenheit des Preises der Bg angreife. Die Preisdifferenz sei seit Mitteilung des Ausschreibungsergebnisses bekannt gewesen, mit Informationsschreiben vom 20. März 2023 sei auch die Absicht der Ag bekannt, auf dieses Angebot den Zuschlag zu erteilen. Gerügt worden sei der angeblich unangemessen niedrige Preis der Bg jedoch erstmalig am 4. April 2023.

Durch die Rückversetzung des Vergabeverfahrens sei hier keine Zäsur entstanden mit der Wirkung, dass die ASt damals rügelos hingenommene angebliche Vergaberechtsverstöße nunmehr erneut rügen könne. Der angebliche Vergaberechtsverstoß hätte vor wie nach der Rückversetzung unverändert bestanden. Insbesondere habe die Ag das Vergabeverfahren nur teilweise zurückversetzt, um die Frage der Neuwertigkeit der angebotenen Behelfsbrücken zu prüfen, nicht jedoch insgesamt, was für die ASt auch habe klar sein müssen.

– Der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls auch unbegründet.

Die Mitteilung gem. § 134 GWB vom 30. März 2023 sei vollständig und inhaltlich korrekt. Der vorgesehene früheste Zuschlagstermin sei bei Verwendung der vorgegebenen Software lesbar und auch zeitlich angemessen.

Die Angemessenheit des Angebotspreises der Bg sei von der Ag geprüft und nach Aufklärung unter Einsichtnahme in die Urkalkulation positiv festgestellt worden. Das Angebot der Bg liege bereits oberhalb der Kostenschätzung der Ag.

Auch hinsichtlich der Frage, ob die Bg gebrauchte oder ungebrauchte Hilfsbrücken angeboten habe, habe die Ag umfassende Aufklärung betrieben und festgestellt, dass auch die Bg ungebrauchte Hilfsbrücken angeboten habe und ein Angebotsausschluss insoweit nicht in Betracht komme. Die Ag dürfe dem Leistungsversprechen der Bg vertrauen.

c) Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 19. April 2023 beantragt die Bg,

1. den Nachprüfungsantrag der ASt zurückzuweisen;

2. die Hinzuziehung des Unterzeichners für notwendig zu erklären;

3. der ASt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderlichen Kosten der Bg aufzuerlegen.

Hinsichtlich eines von der ASt in ihrer Stellungnahme in Bezug genommenen Teils der Vergabeakte beantragt die Bg im weiteren Verlauf des Nachprüfungsverfahrens

Akteneinsicht.

– Hinsichtlich des Vorabinformationsschreibens nach § 134 GWB könnten mögliche Fehler offenbleiben, da es der ASt gelungen sei, einen Nachprüfungsantrag vor Zuschlagserteilung einzureichen und eine eigenständige Rechtsverletzung des Bieters durch das Vorabinformationsschreiben nicht begründet werden könne. Da der Preis vorliegend das einzige Zuschlagskriterium sei, ergebe sich durch die Anwendung der nicht bekanntgemachten Umrechnungsformel hinsichtlich der Wertung keine Gefahr einer Manipulation.

– Im Leistungsverzeichnis sei hinsichtlich der Behelfsbrücken der Typ […] 100 der […] Bridging GmbH „oder gleichwertig“ ausgeschrieben. Ein solches Fabrikat habe die Bg angeboten. Auch habe die Bg im Rahmen der Angebotsaufklärung mit Schreiben vom 28. März 2023 unzweideutig mitgeteilt, sie werde im Auftragsfall das Produkt […] 100 ausführen. Diesem Leistungsversprechen der Bg dürfe die Ag vertrauen. Sollte dieser Brückentyp nicht mehr ungebraucht vorrätig sein, könnte der Hersteller diesen auch neu bauen, was angesichts der vorgesehenen Einbauzeit auch unter Berücksichtigung der benötigten Vorlaufzeit möglich wäre. Eine Änderung des Angebots der Bg liege nicht vor.

– Soweit die ASt der Bg die Abgabe eines Unterkostenangebotes vorwerfe, sei der Antrag bereits unzulässig mangels Einhaltung der Rügefrist. Auch sei – da nur zwei Bieter Angebote eingereicht hätten – zu fragen, ob nicht vielmehr das Angebot der ASt unangemessen hoch sei. Ungeachtet dessen habe die Ag das Angebot der Bg entsprechend der Vorgaben der Rechtsprechung hinreichend aufgeklärt. Es sei zu beachten, dass sich die insgesamt niedrigeren Preise, die die Bg habe anbieten können, dadurch erklärten, dass die Bg bereits bei den vier vorangehenden Losen des gleichen Bauvorhabens tätig sei und aufgrund dessen erhebliche Synergieeffekte, insbesondere im Hinblick auf die Baustelleneinrichtung, erzielen könne. Im Übrigen bestünden selbst bei Vorliegen eines Unterkostenangebotes keine Zweifel, dass die Bg den Auftrag ordnungsgemäß erfüllen werde.

3. ASt und Bg ist Akteneinsicht gewährt worden. In der mündlichen Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten umfassend erörtert. Nach Abschluss der mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2023 haben, jeweils nicht nachgelassen, die Bg mit Schriftsatz vom 4. Mai 2023, Ag und ASt jeweils mit Schriftsatz vom 8. Mai 2023 Stellung genommen. Diese nicht nachgelassenen Schriftsätze beziehen sich im Wesentlichen auf Inhalte der mündlichen Verhandlung und führen im Übrigen auch nicht zu einer abweichenden Bewertung des streitigen Sachverhaltes durch die Kammer, so dass diese Schriftsätze trotz der Verspätung zugelassen werden. Auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten, die Vergabeakte der Ag, soweit sie der Kammer vorlag, sowie die Verfahrensakte wird Bezug genommen. Die Entscheidungsfrist wurde durch Verfügung der Vorsitzenden bis zum 22. Mai 2023 verlängert.

II.
Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig und im Ergebnis auch begründet.

1. Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig.

a) Er richtet sich gegen die Vergabeentscheidung eines dem Bund zuzurechnenden öffentlichen Auftraggebers und betrifft eine Vergabe oberhalb des Schwellenwertes gem. § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB.

b) Die ASt ist grundsätzlich auch antragsbefugt i.S.d. § 160 Abs. 2 GWB. Sie hat durch Abgabe ihres Angebotes, die Rügen und auch durch die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens ihr Interesse am Erhalt des Auftrages belegt. Durch die Entscheidung der Ag, der Bg den Zuschlag zu erteilen, droht der ASt auch ein Schaden.

Nicht antragsbefugt ist sie allerdings, soweit sie Mängel des Vorabinformationsschreibens vom 30. März 2023 geltend macht. Hinsichtlich des nach Ansicht der ASt nicht vollständig lesbar angegebenen frühesten Zuschlagtermins oder der Berechnung der angemessenen Stillhaltefrist unter Berücksichtigung der Osterfeiertage wie auch des Umstandes, dass die Ag die angebotenen Preise nach einer nicht vorab bekanntgegebenen Formel in Wertungspunkte umgerechnet hat, ist anzumerken, dass die ASt jedenfalls in der Lage war, rechtzeitig vor Zuschlag einen Nachprüfungsantrag zu stellen und die Zuschlagserteilung so zu verhindern (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. August 2019 – 15 Verg 10/19 -). Ein Nachteil i.S. einer verminderten Zuschlagschance der ASt ist damit in Folge der behaupteten Vergaberechtsverstöße nicht zu erkennen. Konsequenz einer i.S.d. § 134 GWB fehlerhaften Vorabinformation wäre gem. § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB die Unwirksamkeit der Auftragsvergabe. Durch Einleitung des Nachprüfungsverfahrens ist gem. § 169 Abs. 1 GWB das Zuschlagsverbot ausgelöst worden, so dass sich eventuelle Fehler des Informationsschreibens nicht auswirken können.

c) Die ASt hat hinsichtlich des Rügepunktes „Anbieten von gebrauchten statt neuer Behelfsbrücken durch die Bg“ auch ihrer Rügeobliegenheit gem. § 160 Abs. 3 GWB genügt. Auf die Mitteilung der Ag vom 6. März 2023 hin, dass auch gebrauchte Brücken angeboten werden könnten, rügte die ASt dies mit Schreiben vom 7. März 2023. Nachdem die Ag ursprünglich mit Schreiben vom 14. März 2023 diese Rüge zurückgewiesen hatte, teilte sie mit Schreiben vom 24. März 2023, und damit innerhalb der Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB, die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in den Zustand der Angebotswertung mit. Diese Rückversetzung erfolgte ausweislich des Schreibens der Ag vom 27. März 2023, wie auch ausweislich der Vergabeakte, mit Blick auf den erneuten Hinweis der ASt, dass das Brückenmodell […] 100 nicht neu lieferbar sei. Damit ist die Ag erneut in die Prüfung der von der ASt geltend gemachten Frage eingestiegen, ob die Bg neuwertige Behelfsbrücken liefere und hat durch die Aufhebung der ersten § 134er-Mitteilung und die Rückversetzung des Vergabeverfahrens letztlich der Rüge der ASt doch abgeholfen.

Nach erneuter Mitteilung gem. § 134 GWB vom 30. März 2023 rügte die ASt die beabsichtigte Bezuschlagung der Bg mit Schreiben vom 4. April 2023. Die 10-Tages-Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB ist damit eingehalten, das Nachprüfungsverfahren zulässigerweise eingeleitet.

Soweit die ASt ihren Nachprüfungsantrag inzwischen auch darauf stützt, dass die ASt in ihrem Angebot/im Bieterangabenverzeichnis in den Positionen 9.3.60 und 9.3.70 jeweils das Leitfabrikat aus dem Leistungsverzeichnis ergänzt um den Zusatz „o. glw.“ aufgeführt hat, hat sie hiervon erst durch die Akteneinsicht im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens Kenntnis erlangt. Eine vorherige Rüge war damit nicht möglich und auch nicht geboten.

Ob die ASt den Aspekt des angeblichen Unterkostenangebotes der Bg rechtzeitig gerügt hat, kann letztlich offenbleiben. Zum einen hat die Ag das Angebot der Bg aufgeklärt und ist aus Sicht der Kammer nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass das günstigere Angebot der Bg im Verhältnis zu dem der ASt durch sachbezogene Umstände des konkreten Falles gerechtfertigt ist. Zum anderen kommt es auf einen Erfolg der ASt in diesem Rügepunkt jedoch auch nicht mehr an, da sie, wie noch im Rahmen der Begründetheit darzustellen ist, jedenfalls mit dem Rügepunkt der Unbestimmtheit des Angebotes der Bg durchdringt.

2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Die Ag darf den Zuschlag nicht auf das Angebot der Bg erteilen. Das Angebot der Bg ist, aufgrund des Zusatzes „o. glw.“ im Bieterangabenverzeichnis, unbestimmt und kommt daher nicht für einen Zuschlag in Betracht (a). Auch die erfolgten Aufklärungen des Angebotes konnten ungeachtet der Unzulässigkeit der Aufklärung die erforderliche Bestimmtheit nicht herstellen (b). Das Angebot ist entsprechend § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 16 EU Nr. 2 VOB/A auszuschließen. Bei fortbestehender Beschaffungsabsicht hat die Ag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer wieder in die Wertung der Angebote einzutreten.

a) § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A bestimmt in S. 3, dass Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen zweifelsfrei sein müssen. Dieser Regelung ist im Sinne eines Erst-rechtSchlusses der allgemeinere Grundsatz zu entnehmen, dass Angebote bereits von Beginn an – ohne dass es auf das Vorliegen einer nachträglichen Änderung ankäme – zweifelsfrei sein müssen. Ein Grund für eine insoweit verschärfte Anforderung erst im Nachgang einer Änderung ist nicht ersichtlich (vgl. dazu grundlegend OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Juni 2021 – Verg 47/20 zu § 57 Abs. 1 Nr. 3 VgV). Nur auf der Basis eines bestimmten Inhaltes kann das Angebot auch durch die Zuschlagsentscheidung des öffentlichen Auftraggebers angenommen werden und die vertraglichen Beziehungen zwischen Bieter und Auftraggeber definieren. Unklare Angebote hingegen ermöglichen letztlich keinen Vergleich der Angebote und damit keine gleiche Behandlung der Bieter (i.S.d. § 97 Abs. 2 GWB) untereinander, eröffnen die Möglichkeit der Manipulation und bieten dem Auftraggeber keine Gewissheit, welche Leistung er vom Bieter beanspruchen kann.

Für den vorliegenden Fall ist dabei zu berücksichtigen, dass es der Ag auf die Nennung der angebotenen Modelle der Behelfsbrücken erklärtermaßen ankam. Im Leistungsverzeichnis war sowohl bei Position 9.3.60 wie auch bei Position 9.3.70 ein Verweis auf das Bieterangabenverzeichnis eingefügt. Im Bieterangabenverzeichnis waren dann auch u.a. diese beiden Positionen voreingetragen und verlangten von den Bietern, hier ihre Angebote zu konkretisieren. Die Ag wies in der mündlichen Verhandlung darauf hin, an der Benennung des angebotenen Brückenmodells auch besonderes Interesse gehabt zu haben, um die Kompatibilität mit bereits vorhandenen Brückenelementen, an welche die hier nachgefragten Brücken angedockt werden müssen, prüfen zu können. Dieses besondere Interesse der Ag an einer Benennung der angebotenen Brückenmodelle ergab sich auch für die Bieter erkennbar unmittelbar aus den Vergabeunterlagen. Neben dem Hinweis im Leistungsverzeichnis auf das Bieterangabenverzeichnis und die Möglichkeit, dort das ausgewählte Produkt zu benennen, verwendete die Ag im Formular des Angebotsschreibens unter Ziffer 8 auch die allgemeine, nicht nur auf die Brücken bezogene Vorgabe, dass in dem Fall, dass die Vergabeunterlagen ein Leitfabrikat benennen, aber auch gleichwertige Produkte zulassen, der Bieter jedoch keine Angabe zum von ihm angebotenen Produkt macht, das Leitfabrikat als angeboten gilt. Mittels dieser Regelung sollten unbestimmte Angebote gerade verhindert werden.

Durch ihre Angaben im Bieterangabenverzeichnis zu den Positionen 9.3.60 sowie 9.3.70 hat die Bg ausdrücklich offen gelassen, welche Behelfsbrücken sie anbietet. Im Zuschlagsfall könnte die Bg entweder das Leitfabrikat gem. Leistungsverzeichnis verwenden, oder ein bislang nicht namentlich genanntes anderes Produkt, welches aus Sicht der Bg gleichwertig zum Leitfabrikat sein soll. Denn die Bg hat das Leitfabrikat oder ein gleichwertiges Fabrikat („o. glw.“) eingetragen. Entgegen dem Vorbringen der Bg in der mündlichen Verhandlung wie auch in ihrem Schriftsatz vom 4. Mai 2023 kann die Regelung unter Ziffer 8 des Angebotsschreibens vorliegend nicht die gebotene Eindeutigkeit herstellen. Dort ist ausdrücklich beschrieben, dass die Konkretisierung auf das Leitfabrikat nur dann erfolgt, wenn „keine Produktangaben […] eingetragen“ wurden. Es macht damit einen Unterschied, ob ein Bieter gar keine Produktangaben einträgt, indem er das Feld offenlässt, oder aber mehrere Angaben macht, die in einem Alternativverhältnis zueinander stehen. Die Ansicht der Bg, dass in beiden Fällen das Produkt nicht konkretisiert werde, trifft zwar im Ausgangspunkt zu. Auch entspricht die von der Bg im Bieterangabenverzeichnis eingetragene Formulierung letztlich dem Leistungsverzeichnis. Jedoch beruht die Unklarheit im vorliegenden Fall nicht darauf, dass die Bg keine eigene Entscheidung zum angebotenen Brückenmodell eingetragen hatte, was es dann ggf. als angemessen erscheinen ließe, den Vorschlag der Ag aus dem Leistungsverzeichnis als vereinbart anzunehmen. Hier hat die Bg vielmehr eine Entscheidung getroffen und auch eingetragen, so dass die Auslegungsregelung für den Fall fehlender Eintragungen nicht greifen kann. Die ASt hat sich entschieden, alternativ das Leitfabrikat oder ein – nicht konkret benanntes – gleichwertiges Produkt anzubieten. Es stellt zwar im Sinne einer Produkt- und Wettbewerbsoffenheit eine Vorgabe des Vergaberechts an den öffentlichen Auftraggeber dar, dass dieser bei Benennung eines Leitfabrikats grundsätzlich den Zusatz „oder gleichwertig“ verwenden muss, § 7 EU Abs. 2 VOB/A. Mit diesem Gleichwertigkeitszusatz wird den Bietern die Möglichkeit eröffnet, andere Produkte als das Leitfabrikat anzubieten. Welches Fabrikat das Angebot umfasst, muss dann jedoch jedenfalls bei den hier vorliegenden Rahmenbedingungen (Erfordernis der Benennung des konkret angebotenen Fabrikats im Bieterangabenverzeichnis) konkret durch den Bieter bestimmt werden; daran ändert der Gleichwertigkeitszusatz im Leistungsverzeichnis nichts. Eine Gleichbehandlung der Bieter durch einen Vergleich der Angebote ist ansonsten nicht möglich. Dies zeigt sich hier auch daran, dass die Ag vorliegend überhaupt nicht in der Lage wäre, die Gleichwertigkeit der unbenannten, alternativen Brücken zu prüfen. Der Ag würde damit die Möglichkeit genommen, die Kompatibilität der angeblich gleichwertigen Brücke zu überprüfen und sicherzustellen, dass diese zu den vorhandenen Brückenelementen passt, an die angedockt werden muss. Sie wäre im Zweifelsfall auf die zivilrechtliche Durchsetzung der Gleichwertigkeit im Rahmen einer laufenden Vertragsausführung verwiesen, welche auch zu erheblichen Verzögerungen des Bauprojektes führen könnte; im Vergabeverfahren wäre bei Offenlassung der Fabrikatsangabe nicht sichergestellt, dass das wirklich wirtschaftlichste Angebot beauftragt wird.

Durch die Verwendung des Gleichwertigkeitszusatzes hat die Ag zwar grundsätzlich die Möglichkeit geschaffen, weitere Hauptangebote zuzulassen (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Oktober 2015 – Verg 28/14). Auch war hier die Möglichkeit der Einreichung von Nebenangeboten eröffnet. Eine Wertung als zweites Hauptangebot oder als Nebenangebot scheidet hier aber ungeachtet der Tatsache, dass keine Deklarierung als Nebenangebot erfolgte (§ 13 EU Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 16 EU Ziff. 7 VOB/A), aus den dargelegten Gründen ebenfalls aus; auch Neben- oder zweite Hauptangebote müssen inhaltlich bestimmt sein, ansonsten sind sie nicht zuschlagsfähig (vgl. für Hauptangebote § 13 EU Abs. 3 S. 3 i.V.m. § 16 Ziff. 8 VOB/A).

Dass die Bg statt, wie von der Ag ausgeschrieben, einem Produkt gleichzeitig Alternativprodukte angeboten hat, dürfte sich auch als Änderung der Vergabeunterlagen i.S.d. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 S. 2 VOB/A darstellen und ebenfalls einen Ausschlussgrund gem. § 16 EU Nr. 2 VOB/A verwirklichen, worauf es jedoch nicht mehr entscheidend ankommt.

b) Das Angebot der Bg erhält auch nicht durch die Aufklärungsmaßnahmen der Ag die erforderliche Bestimmtheit.

Die Aufklärung war schon nicht zulässig. Vorliegend ist die Grenze zur Angebotsänderung überschritten. § 15 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A legt fest, dass die Aufklärung u.a. im offenen Verfahren auch hinsichtlich des Angebotes selbst zulässig ist, schränkt aber in Abs. 3 ausdrücklich ein, dass Änderungen der Angebote nicht erfolgen dürfen.

Die Eintragung im Bieterangabenverzeichnis „‚Leitfabrikat‘ oder gleichwertig“ ist nicht eindeutig. Sie ist jedoch auch nicht widersprüchlich dergestalt, dass etwa an einer Stelle des Angebotes Produkt A benannt wurde, an anderer Stelle jedoch Produkt B. Vielmehr enthält das Angebot ausdrücklich ein wahlweises Angebot durch Einfügen des Wortes „oder“, wobei das gleichwertige Fabrikat gerade nicht konkretisiert wird. Die Bg möchte nur eines von mehreren möglichen Produkten anbieten, ohne dass erkennbar wird, welches gemeint sein soll. Ein Widerspruch würde voraussetzen, dass (mindestens) zwei für sich genommen klare Aussagen vorhanden sind, die einander entgegenlaufen. Dies ist hier nicht gegeben.

Die Bg hat sich vielmehr nicht und an keiner Stelle ihres Angebotes festgelegt. Dies stellt eine bewusste Entscheidung der Bg dar. Dafür spricht nicht zuletzt auch, dass die Bg die fragliche Formulierung „o. glw.“ bzw. „o. vgl.“ auch in mehreren anderen, nicht nur auf Brücken bezogenen Positionen des Bieterangabenverzeichnisses verwendet hat. Ein die Aufklärung ermöglichender Eintragungsfehler (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. August 2018 – Verg 17/17, zu § 15 Abs. 5 VgV) liegt damit nicht vor.

Verdeutlicht wird die fehlende Aufklärungsfähigkeit der Eintragung der Bg auch durch den Umstand, dass die Bg die Unbestimmtheit ihrer Eintragung nicht durch die schlichte Aussage, welche der vermeintlich widersprüchlichen Angaben im Angebot gelten solle, klarstellen könnte. Eine denkbare Antwort auf die Frage, ob das Leitfabrikat oder ein gleichwertiges Produkt angeboten werden sollte, wäre, dass ein gleichwertiges Produkt zum Leitfabrikat angeboten werden sollte. Diese Angabe ist jedoch ihrerseits unbestimmt und wäre offensichtlich nicht geeignet, die von der Ag durch das Bieterangabenverzeichnis gewünschte Klarheit zu schaffen. Die Bg müsste also, wenn sie diese Alternative als die gewollte angeben würde, ergänzend zu dem eingereichten Angebot noch ein konkretes Produkt benennen. Damit wäre jedoch die Grenze zur unzulässigen Angebotsänderung überschritten.

Selbst bei Unterstellung der Zulässigkeit der von der Ag durchgeführten Aufklärungen hinsichtlich der angebotenen Hilfsbrücken und bei Abstellen auf die Ergebnisse der Aufklärung wäre jedoch ausweislich der Antworten der Bg im Rahmen der Aufklärung im Ergebnis das Angebot der Bg immer noch unbestimmt. Dabei kommt es, anders als von der Ag in der mündlichen Verhandlung und im Schriftsatz vom 8. Mai 2023 vorgebracht, nicht darauf an, ob ggf. nach dem Ergebnis der ersten Aufklärung ein eindeutiges Angebot vorlag. Die Ag protokollierte insoweit zum erfolgten Aufklärungsgespräch, dass alle durch die Vergabeunterlagen vorgeschlagenen und keine gleichwertigen Artikel einkalkuliert worden seien. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergänzte die Ag, dass das Wort „einkalkuliert“ eine eigene Formulierung gewesen sei und im Sinne von „angeboten“ gemeint sei. Auch wenn insoweit aus Sicht der Ag nach der ersten Aufklärung von einem eindeutigen Angebot der Bg auszugehen war, war sich die Ag hinsichtlich der Eindeutigkeit oder jedenfalls Verlässlichkeit dieser Angabe augenscheinlich nicht so sicher, dass keinerlei Zweifel weckbar gewesen wäre, andernfalls hätte es der zweiten Aufklärung auf die erneuerte Rüge der ASt hin nicht bedurft. Im Rahmen dieser zweiten Aufklärung teilte die Bg mit Schreiben vom 28. März 2023 mit, dass Straßenhilfsbrücken der Firma […] Bridging […] 100 ungebraucht geliefert würden. Gleichzeitig behielt sie sich jedoch die Lieferung anderer, nicht konkret benannter Modelle vor, sollte aufgrund geänderter Verfügbarkeit die Lieferung des Leitfabrikates nicht möglich sein. Dieser Zusatz führt zur bereits skizzierten Unbestimmtheit des Angebotes und wird durch die Aufklärung nicht ausgeräumt. Es ist grundsätzlich Aufgabe des Bieters, die Verfügbarkeit der angebotenen, von Dritten bezogenen Produkte durch Einholen verbindlicher Zusagen sicherzustellen. Eine „geänderte Verfügbarkeit“ kann so und darf auch im Allgemeinen nicht vorkommen. Der Bieter haftet für die Erfüllung seines Leistungsversprechens. Indem die Bg sich mangels näherer Konkretisierung der geänderten Verfügbarkeit (geänderter Liefertermin, gar keine Lieferbarkeit mehr, Verfügbarkeit nur zu erhöhtem Preis, etc.) letztlich weitgehend die Möglichkeit offengehalten hat, den Brückentyp nachträglich nach eigenem Ermessen abzuändern, hat sie sich, anders als von der Ag gefordert, nicht auf ein bestimmtes Produkt festgelegt. Als Ergebnis der letzten Aufklärung steht daher fest, dass der angebotene Brückentyp nicht verbindlich festgelegt wurde. Diese letzte/aktuellste Erkenntnis hat die Ag ihrer Wertung zugrunde zu legen. Sie kann sich nicht darauf berufen, dass ggf. im Vorfeld Klarheit über den angebotenen Brückentyp bestanden habe. Auch bei Unterstellung der Zulässigkeit der Aufklärung hätte diese damit im Ergebnis jedenfalls nicht die erforderliche Klarheit des Angebotsinhaltes herbeigeführt. Auch das aufgeklärte Angebot wäre also wegen inhaltlicher Unbestimmtheit gem. § 16 EU Nr. 2 VOB/A auszuschließen.

c) Im Rahmen der Neuwertung der verbliebenen Angebote hat die Ag u.a. die Prüfung der Angemessenheit der Preise wie auch der Vollständigkeit und Bestimmtheit der Angebote durchzuführen. Sollten sich im Angebot der ASt ebenfalls Defizite ergeben, wie seitens der Ag in der mündlichen Verhandlung angedeutet, im Nachprüfungsverfahren jedoch nicht konkretisiert wurde, so hat die Ag dies zu berücksichtigen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 3 S. 1 und 2, Abs. 4 S. 1 und 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 VwVfG.

Die Kosten sind der Ag und der Bg als Gesamtschuldner aufzuerlegen, da sie im Verfahren unterliegen. Insoweit entspricht es auch der Billigkeit, ihnen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der ASt notwendigen Aufwendungen zu je gleichen Teilen aufzuerlegen. Dabei ist vorliegend nicht ausschlaggebend, dass die ASt nicht mit sämtlichen ihrer Angriffe durchdringt.

Bei wirtschaftlicher Betrachtung hat sie ihr Ziel, die Zuschlagserteilung an die Bg zu verhindern, uneingeschränkt erreicht; der vorgetragene Verstoß gegen § 134 GWB, bei dem der ASt die Antragsbefugnis abzusprechen ist, rechtfertigt kein Teilunterliegen, da es sich hierbei um eine inhaltlich überholte Marginalie ohne Entscheidungsrelevanz handelt.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die ASt war notwendig. Diese Entscheidung ist nicht nach schematischen Erwägungen, sondern unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalles zu treffen. Dabei ist danach zu fragen, ob der Beteiligte auch selbst in der Lage gewesen wäre, den relevanten Sachverhalt zu erfassen, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen (s. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. März 2020 –Verg 38/18). Insoweit ist zwar einerseits darauf hinzuweisen, dass im Konzernverbund, dem die ASt angehört, auch ein Konzernrechtsberatungsunternehmen eingebunden ist, welches u.a. auch mit Rechtsanwälten ausgestattet ist und im vorliegenden Fall auch die ersten Rügen erhoben hat. Der Vergabekammer ist aus eigener Anschauung bekannt, dass dieses Unternehmen grundsätzlich auch bereits die Vertretung in Nachprüfungsverfahren übernommen hat. Bei der erforderlichen Abwägung ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass Bieterunternehmen das Vergaberecht grundsätzlich nicht vertieft beherrschen müssen und insbesondere auch die prozessualen Bezüge eines Nachprüfungsverfahrens Herausforderungen bedeuten können. Vorliegend ergaben sich Schwierigkeiten der rechtlichen Beurteilung u.a. auch durch die erfolgte Rückversetzung des Verfahrens mit den eventuellen Konsequenzen für die Rügeobliegenheit wie auch daraus, dass sich das Nachprüfungsverfahren auf vermutete Angebotsmängel eines anderen Bieterunternehmens bezog, so dass die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens auf – wenn auch fundierten – Vermutungen basierte und ggf. Anpassungen des Vorbringens auf Basis der Erkenntnisse aus der Akteneinsicht erforderlich werden würden. Dies ist letztlich auch so eingetreten. Die Entscheidung der ASt, spezialisierte rechtsanwaltliche Beratung zu suchen, ist damit nachvollziehbar. Die Entscheidung fiel auch vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens zu einem Zeitpunkt, in dem die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsverfahrens offen waren und die ASt auch das Risiko einging, die Aufwendungen selbst tragen zu müssen. Damit ist die Hinzuziehung anwaltlicher Bevollmächtigter durch die ASt in der hier vorliegenden Konstellation trotz Vorhandenseins einer Konzernrechtsabteilung noch als notwendig anzuerkennen.

IV.

(…)