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Nachgefragt bei … zum Nachprüfungsverfahren (2): Was sind die Anforderungen an eine ausreichend substantiierte Rüge?

 

von Thomas Ax

Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge hat das OLG Düsseldorf in jüngerer Zeit in mehreren Beschlüssen wiederholt ausführlich dargelegt (vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 15.01.2020 – VII-Verg 20/19, vom 16.08.2019 – VII-Verg 56/18, und vom 12.06.2019 – VII-Verg 54/18, jeweils zitiert nach juris).

Danach ist an Rügen zwar ein großzügiger Maßstab anzulegen (siehe Senatsbeschluss vom 13.04.2011 – VII-Verg 58/10, zitiert nach juris, Tz. 53; OLG München, Beschluss vom 07.08.2007 – Verg 8/07, zitiert nach juris, Tz. 11 f.; OLG Dresden, Beschluss vom 06.02.2002 – WVerg 4/02, zitiert nach juris, Tz. 19).

Da ein Bieter naturgemäß nur begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens hat, darf er im Vergabenachprüfungsverfahren behaupten, was er auf der Grundlage seines – oft nur beschränkten – Informationsstands redlicherweise für wahrscheinlich oder möglich halten darf, etwa wenn es um Vergaberechtsverstöße geht, die sich ausschließlich in der Sphäre der Vergabestelle abspielen oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen (vgl. Senatsbeschluss vom 13.04.2011 – VII-Verg 58/10, zitiert nach juris, Tz. 53; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 09.07.2010 – 11 Verg 5/10, zitiert nach juris, Tz. 51; OLG Dresden, Beschluss vom 06.06.2002 – WVerg 4/02, zitiert nach juris, Tz. 18 f.).

Der Antragsteller muss aber – wenn sich der Vergaberechtsverstoß nicht vollständig seiner Einsichtsmöglichkeit entzieht – zumindest tatsächliche Anhaltspunkte oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen (siehe OLG München, Beschluss vom 11.06.2007 – Verg 6/07, zitiert nach juris, Tz. 31). Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergaberechtsverstößen reichen nicht aus (siehe Senatsbeschluss vom 13.04.2011, VII-Verg 58/10, zitiert nach juris, Tz. 53; OLG Brandenburg, Beschlüsse vom 29.05.2012 – Verg W 5/12, zitiert nach juris, Tz. 4, und vom 20.11.2012 – Verg W 10/12, zitiert nach juris, Tz. 5; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 09.07.2010 – Verg 5/10, zitiert nach juris, Tz. 51; OLG München, Beschlüsse vom 07.08.2007 – Verg 8/07, zitiert nach juris, Tz. 11 f., und vom 02.08.2007 – Verg 7/07, zitiert nach juris, Tz. 15 f.).

Da die Rüge einerseits den öffentlichen Auftraggeber in die Lage versetzen soll, einen etwaigen Vergaberechtsverstoß zeitnah zu korrigieren (Beschleunigung des Vergabeverfahrens, Selbstkontrolle des öffentlichen Auftraggebers), und andererseits Zugangsvoraussetzung zum Nachprüfungsverfahren ist, ist es unabdingbar, dass der Antragsteller – um unnötige Verzögerungen des Vergabeverfahrens zu vermeiden und einem Missbrauch des Nachprüfungsverfahrens vorzubeugen – bereits frühzeitig diejenigen Umstände benennt, aufgrund derer er vom Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes ausgeht.

Aus Gründen der Beschleunigung wie auch zur Vorbeugung gegen den Missbrauch der Rüge beziehungsweise des Nachprüfungsverfahrens ist dem öffentlichen Auftraggeber in der Regel nicht zuzumuten, auf gänzlich unsubstantiierte Rügen hin in eine (ggf. erneute) Tatsachenermittlung einzutreten.

Daher ist der Antragsteller gehalten, schon bei Prüfung der Frage, ob ein Vergaberechtsverstoß zu rügen ist, Erkenntnisquellen auszuschöpfen, die ihm ohne großen Aufwand zur Verfügung stehen. Zudem muss er, um eine Überprüfung zu ermöglichen, angeben, woher seine Erkenntnisse stammen (siehe Senatsbeschluss vom 13.04.2011, VII-Verg 58/10, zitiert nach juris, Tz. 53 f.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.11.2012, Verg W 10/12, zitiert nach juris, Tz. 5).