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Vergaberecht: Vertragsklauseln müssen kaufmännisch vernünftige Kalkulation ermöglichen

 

von Thomas Ax

Grundsätzlich werden Vertragsklauseln wie Regelungen in einer Leistungsbeschreibung, die Bestandteil des ausgeschriebenen Auftrags wird, von den Vergabenachprüfungsinstanzen nicht auf ihre zivilrechtliche Wirksamkeit geprüft, da sie keine Bestimmungen über das Vergabeverfahren im Sinne des § 97 Abs. 6 GWB sind.

Außerhalb des Vergabeverfahrens und des Anwendungsbereichs vergaberechtlicher Vorschriften liegende Rechtsverstöße können ausnahmsweise nur dann zum Gegenstand eines Vergabenachprüfungsverfahrens gemacht werden, wenn es eine vergaberechtliche Anknüpfungsnorm gibt, die im Nachprüfungsverfahren entscheidungsrelevant ist (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 6. September 2017 – Verg 9/17 -; vom 19. Oktober 2015 – Verg 30/13 -, und vom 13. August 2008 – Verg 42/07 -).

Eine solche Anknüpfungsnorm ist hier das aus dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 S. 2 GWB) herzuleitende Verbot der Unzumutbarkeit einer für den Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation (Senatsbeschlüsse vom 21. April 2021 – Verg 1/20, und vom 21. Dezember 2020 – Verg 36/20; OLG Koblenz, VergabeR 2013, 229, 232; OLG Schleswig, VergabeR 2013, 395 Rn. 57).

Unzumutbar ist eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation, wenn Preis- und Kalkulationsrisiken über das Maß, das Bietern typischerweise obliegt, hinausgehen und damit den Bieter entgegen dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der auch im Vergaberecht und im Stadium der Vertragsanbahnung Anwendung findet, unangemessen belasten.

Ob eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation gemessen an diesen Maßstäben unzumutbar ist, bestimmt sich nach dem Ergebnis einer Abwägung aller Interessen der Bieter bzw. Auftragnehmer und des öffentlichen Auftraggebers im Einzelfall (Senatsbeschlüsse vom 21. April 2021 – Verg 1/20, und vom 7. September 2003 – Verg 26/03).