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VergMan ® Nachprüfungsrecht – erstmalige Beiladung im Beschwerdeverfahren: Vergabesenat – OLG Koblenz Beschluss vom 27.2.23 – Verg 1/23

 

Die Beiladung kann auch erstmalig im Beschwerdeverfahren erfolgen. Die Entscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 162 Satz 1 GWB.

Danach sind unter anderem diejenigen Unternehmen, deren Interessen durch die antragstellerseits begehrte Entscheidung über den Nachprüfungsantrag schwerwiegend berührt werden, beizuladen und am (Nachprüfungs-)Verfahren zu beteiligen. Dabei ist – was bereits aus dem in Art. 103 Abs. 1 GG verankerten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs sowie aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG abzuleiten ist – nicht nur die Vergabekammer, sondern auch das Beschwerdegericht berechtigt und bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 162 BGB sogar verpflichtet, im Beschwerdeverfahren erstmals Beiladungen zu beschließen (vgl. Senat, Beschluss vom 24. Juni 2020 – Verg 4/20 -; Beschluss vom 23. November 2004 – 1 Verg 6/04 -, juris, Rdnr. 14 ff.; KG, Beschluss vom 18. Oktober 2012 – Verg 8/11 -, juris, Rdnr. 2, m.w.N.; Beschluss vom 7. Dezember 2009 – 2 Verg 10/09 -, juris, Rdnr. 2,. m.w.N.; OLG Naumburg, Beschluss vom 9. Dezember 2004 – 1 Verg 21/04 -, juris, Rdnr. 6, m.w.N.; OLG Düsseldorf, NZBau 2002, 639, 639, m.w.N.; MünchKomm-von Werder, Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, § 174 GWB, Rdnr. 7, m.w.N.; Burgi/Dreher/Opitz- Vavra/Willner, Beck’scher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl. 2022, § 174 GWB, Rdnr. 9, m.w.N.; Ziekow/Völlink-Frister, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, § 174 GWB, Rdnr. 2 f., m.w.N.; Heiermann/Zeiss/Summa-Summa, jurisPK-Vergaberecht, 6. Aufl. 2022, Stand: 15. September 2022, § 174 GWB, Rdnr. 5 ff.).

Die Voraussetzungen des § 162 Satz 1 GWB liegen hier in Bezug auf die im Tenor genannten Unternehmen vor. Denn deren Interessen würden schwerwiegend durch die von der Antragstellerin beantragte Entscheidung berührt. Die Positionen der hier in Rede stehenden Unternehmen sind im vorliegenden Nachprüfungsverfahren antragstellerseits direkt angegriffen worden (vgl. insoweit MünchKomm-Jaeger, Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, § 162, Rdnr. 5).

Darauf, ob der Senat dem im vorliegenden Verfahren zur Entscheidung stehenden Rechtsmittel (hinreichende) Erfolgsaussichten beimisst, kommt es im hier maßgeblichen Zusammenhang nicht an (vgl. insoweit auch Senat, Beschluss vom 24. Juni 2020 – Verg 4/20 -). Denn § 162 GWB gebietet eine Beiladung wohl immer schon dann, wenn die Entscheidung über den Vergabenachprüfungsantrag nachteilige Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Interessen des Beizuladenden haben kann. Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Vergabenachprüfungsverfahrens kann nämlich naturgemäß nicht abschließend ermessen werden, wie die Entscheidung letztlich ausfallen wird und ob sowie welche Auswirkungen sie auf Dritte haben wird.

Die Beiladung kann allenfalls dann unterbleiben, wenn der betreffende Mitbewerber erklärt hat, am Verfahren nicht teilnehmen zu wollen und sich auch ohne Beiladung an eine für ihn gegebenenfalls ungünstige Nachprüfungsentscheidung zu halten (vgl. zu allem Vorstehenden Senat, a.a.O.; KG, Beschluss vom 10. Februar 2020 – Verg 06/19 -, juris, Rdnr. 18; Beschluss vom 27. Mai 2019 – Verg 4/19 -, juris, Rdnr. 32 f.; OLG Naumburg, Beschluss vom 9. Dezember 2004 – 1 Verg 21/04 -, juris, Rdnr. 5; Ziekow/Völlink-Dicks, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, § 162 GWB, Rdnr. 6 f; Reidt/Stickler/Glahs-Reidt, Vergaberecht, 4. Aufl. 2018, § 162 GWB, Rdnr. 10, m.w.N.).