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Nachprüfungspraxis – wie komme ich an die Vergabeakte?
von Thomas Ax
Nach § 165 Abs. 1 GWB können die Verfahrensbeteiligten die Vergabeakte sowie die Verfahrensakten der Vergabekammer bei der Vergabekammer einsehen und sich durch die Geschäftsstelle der Vergabekammer auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften erteilen lassen. Der Wortlaut des § 165 Abs. 1 GWB („bei der Vergabekammer einsehen“) ist somit darauf gerichtet, die Akteneinsicht in den Geschäftsräumen am Ort des Sitzes der Vergabekammer durchzuführen. Das ermöglicht es den Beteiligten, die Akteneinsicht entweder vor Ort bei der Vergabekammer durchzuführen oder darauf zu verzichten. Im letzteren Fall können die Beteiligten, wie in der Praxis regelmäßig üblich, erst recht von der nach § 165 Abs. 1 GWB vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen und sich von der Geschäftsstelle Abschriften der Akten anfertigen lassen, insbesondere von der der Vergabekammer nach § 163 Abs. 2 Satz 4 GWB vom öffentlichen Auftraggeber vorzulegenden Vergabeakte.
Die Überlassung der Vergabeakte bzw. der Verfahrensakte der Vergabekammer an Verfahrensbeteiligte bzw. deren Verfahrensbevollmächtigte durch die Vergabekammer ist von diesem gesetzlichen Rahmen des § 165 Abs. 1 GWB von vornherein nicht gedeckt, eine Verschickung der Vergabeakten an Verfahrensbeteiligte danach ohne jedweden Spielraum ausgeschlossen. Diese Regelung ist eine Konkretisierung des in § 167 GWB geregelten Beschleunigungsgebots.
Dieses verlangt, dass die Akten der Vergabekammer als Nachprüfungsinstanz durchgehend zur Verfügung stehen müssen, damit diese binnen der nach § 167 GWB begrenzten Entscheidungsfrist in der Lage ist, die Nachprüfung effektiv und zügig durchführen zu können. Das ist nicht gewährleistet, wenn die Kammer gehalten wäre, die Vergabeakte oder/und die von ihr zur laufenden Dokumentation des Nachprüfungsverfahrens zu führende Verfahrensakte, ggf. sogar an mehrere Verfahrensbeteiligte nacheinander, zum Zweck der Akteneinsicht, ggf. sogar ins Ausland, zu verschicken, damit diese die Akteneinsicht bei sich durchführen könnten. Hätte der Gesetzgeber die Möglichkeit vorsehen wollen, dass die Akten an die Beteiligten zu versenden sind oder auch nur – nach pflicht- gemäßer Ermessensentscheidung der Vergabekammer – darüber entschieden werden könnte, ob diese versandt werden, so wäre eine klarstellende, vom Wortlaut des § 165 Abs. 1 GWB explizit abweichende Regelung geboten gewesen, die entsprechende Ausnahmen ermöglichte.
Daran fehlt es offensichtlich. Dies zeigt der Vergleich mit § 29 Abs. 3 VwVfG (Bund), der die Akteneinsicht für das allgemeine Verwaltungsverfahren regelt. Danach erfolgt die Akteneinsicht in einem Verwaltungsverfahren grundsätzlich ebenfalls bei der Behörde, die die Akten führt, ausnahmsweise bei anderen mit der Durchführung der Akteneinsicht betrauten Behörden. § 29 Abs. 3 Satz 2, letzter Hs. VwVfG (Bund) stellt weitere Ausnahmen für die Durchführung der Akteneinsicht ausdrücklich in das Ermessen der aktenführenden Behörde. Eine dem § 29 Abs. 3 VwVfG (Bund) aber entsprechende Regelung fehlt bei der speziellen nachprüfungsverfahrensrechtlichen Vorschrift des § 165 Abs. 1 GWB.
Der Gesetzgeber hat aus den oben dargelegten Gründen eine explizit abweichende spezielle Regelung geschaffen.